23.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
01.08.09 / »Masuren ist für uns wie geschaffen« / Harald Kuhnle hat den Hausboot-Urlaub in Deutschland populär gemacht – Jetzt auch in Ostpreußen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-09 vom 01. August 2009

»Masuren ist für uns wie geschaffen«
Harald Kuhnle hat den Hausboot-Urlaub in Deutschland populär gemacht – Jetzt auch in Ostpreußen

Der Unternehmer Harald Kuhnle hat den Verleih von Hausbooten in Deutschland populär gemacht. Seit der Wende von 1989 investiert er in großem Stil in den neuen Bundesländern, seit wenigen Wochen ist er auch in Ostpreußen aktiv. Das folgende Interview wurde telefonisch geführt, weil Kuhnle momentan selbst in Masuren Urlaub macht.

PAZ: Seit Anfang der achtziger Jahre haben Sie Erfolg mit der Vermietung von Hausbooten, seit kurzem sind Sie auch in Masuren aktiv. Wie sind Sie darauf gekommen?

Kuhnle: Seit zehn Jahren schon haben mich Kunden gefragt, wann wir hier vermieten. Die Gegend ist ja bekannt für die Schönheit der Seen und Kanäle, eigentlich ist die Landschaft wie gemacht für Boote, wie wir sie vermieten.

PAZ: Was sind die Vorteile?

Kuhnle: Es gibt kaum Hindernisse für die Boote. Wir vermieten am Beldahnsee, da gibt es genau eine Schleuse zum Niedersee, dann noch eine zwischen dem Spirdingsee und Johannisburg, außerdem die Drehbrücke in Lötzen. Mehr Hindernisse gibt es nicht.

PAZ: Wo genau sind Sie jetzt?

Kuhnle: In Piaski am Beldahnsee, das ist aber kein eigenes Dorf, sondern besteht nur aus einigen Ferienhäusern; es gehört zur Gemeinde Rudczanny (Niedersee). Hier vermieten wir auch. Nach Rudczanny sind es vier Kilometer, nach Johannisburg etwa 15.

PAZ: Wie viel haben Sie dort investiert?

Kuhnle: Wir haben hier klein angefangen, mit zwei Booten. Die Resonanz ist gut, nächstes Jahr sollen es fünf bis acht sein. Der Steg war schon da, das Personal stellt ein befreundeter deutsch-masurischer Unternehmer, der die Ferienhäuser in Piaski managt.

PAZ: Wie ist die Resonanz?

Kuhnle: Bisher gut, obwohl wir erst seit Januar Marketing machen. Einer der Hauptnachteile ist die Erreichbarkeit von Deutschland aus. Die Straßen werden derzeit intensiv ausgebaut, auch wegen der Fußball-Europameisterschaft 2010. In zwei Jahren sollte die Fahrtzeit von Deutschland aus zwei bis drei Stunden kürzer sein.

PAZ: Verwenden Sie in Ihren Katalogen die deutschen oder die polnischen Ortsnamen?

Kuhnle: In den Katalogen überwiegend die deutschen, auf den Karten in erster Linie die polnischen. Letzteres hat praktische Gründe, weil Sie heute im Navigationssystem und auf den Schildern eigentlich nur mit den polnischen Namen weiterkommen.

PAZ: Sind Sie der erste deutschen Unternehmer, der Hausboote vermietet?

Kuhnle: Als ich damit 1981 in Elsass-Lothringen anfing, war ich der erste Deutsche, der das gemacht hat. Die Idee des Urlaubs auf Hausbooten ist eine Erfindung der Engländer, dann wurde es auch in Frankreich, den Niederlanden und Irland populär.

PAZ: Nach dem Erfolg in Frankreich haben Sie nach der Wende von 1989 im Osten investiert...

Kuhnle: Dort haben wir im April 1991 in Waren an der Müritz angefangen, ein paar Jahre später auch weiter südlich an der Müritz und an anderen Standorten in Brandenburg und Mecklenburg. Insgesamt waren es Investitionen in der Größenordnung von ungefähr 30 Millionen Euro, je nachdem, wie man es rechnet, brutto oder netto. Beispielsweise gibt es einen Kreislauf von Booten, wir verkaufen auch neue und gebrauchte Boote.

PAZ: Eine solche Summe investiert man nur, wenn sich die Sache rentiert. Haben Sie Nachahmer bekommen?

Kuhnle: Das ist nicht ausgeblieben, etliche haben nachgezogen.

PAZ: Die ehrlichste Form der Anerkennung! − Zurück zu Masuren: Wie sieht hier das alltägliche Miteinander mit den Polen aus?

Kuhnle: Ausgesprochen angenehm und unproblematisch. Unsere Boote stoßen auf ein unglaubliches Interesse, alle gucken und fotografieren. Es ist überhaupt erstaunlich, wie verbreitet hier Fotohandys sind und wie intensiv das Internet genutzt wird. Es sind eben auch sehr viele junge Leute unterwegs.

PAZ: Warum erregen die Boote so viel Aufmerksamkeit, ist hier dermaßen wenig los auf dem Wasser?

Kuhnle: Nicht deswegen, der Bootsverkehr ist sogar weit intensiver als auf der Müritz, auf dem Spirdingsee ist um diese Jahreszeit alles weiß vor Segeln. Neu sind nur die Hausboote.

PAZ: Woher kommen die vielen Wassertouristen?

Kuhnle: Überwiegend sind es Polen aus Warschau und anderen Großstädten. Der Anteil der Deutschen und Skandinavier ist noch relativ gering. Die Mannschaften auf den Booten sind auch viel jünger als in Deutschland.

PAZ: Wieso das?

Kuhnle: Oft fahren Familien mit drei Generationen oder ganze Gruppen von jungen Leuten. Hier werden Berufstätige nicht dermaßen steuerlich belastet wie in Deutschland, so dass sich mehr junge Leute einen Segel- oder Bootsurlaub leisten können.

PAZ: Nach ihrem Engagement in Brandenburg, Vorpommern und jetzt Ostpreußen decken Sie bald das ganze alte Preußen ab...

Kuhnle (lacht): In gewisser Weise können Sie da auch noch Niderviller mitrechnen, das ja zwischen 1871 und 1918 als Teil des „Reichslands Elsaß-Lothringen“ ziemlich preußisch war.

PAZ: Reden die Leute dort noch Deutsch?

Kuhnle: Auf jeden Fall, noch und wieder, auch die jungen. Meistens den Lothringer Dialekt, aber den verstehen Sie mühelos. Es war für uns auch ein Argument, dort zu investieren, weil unsere deutschen Kunden sprachlich keine Probleme haben.

PAZ: Wie weit ist es von Niderviller aus zum ersten rein französischsprachigen Ort?

Kuhnle: Richtung Westen vier Kilometer, in ein Dorf namens Hesse. Was mich selber überrascht hat, ist, dass alle in der Gegend die Sprachgrenze als Mentalitätsgrenze empfinden, es gibt ein „Wir hier“ und „Die dort“-Gefühl. Im Elsass und in Lothringen haben einige Traditionen aus deutscher Zeit überlebt, beispielsweise der Rechtsverkehr bei der Eisenbahn. Außerdem wird hier an einigen Feiertagen, wie dem Karfreitag, nicht gearbeitet. Aber der Mentalitätsunterschied ist ohne Schärfe, die jungen Leute fühlen sich in erster Linie als Europäer.

Foto: Jetzt auch auf den masurischen Seen: Urlaub im gemieteten Hausboot


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren