26.04.2024

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01.08.09 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-09 vom 01. August 2009

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

sicher haben es sich manche Landsleute in früheren Lebensjahrzehnten nicht träumen lassen, dass sie einmal als 100-Jährige die Glückwunsche von Freunden und vielen Unbekannten entgegennehmen werden – wer glaubt schon, dass er einmal dieses Alter erreicht, das selbst das biblische übersteigt. Aber wir nachgeborene Landsleute eines Friedrich Sadowski aus Neidenburg, der einmal als ältester Deutscher mit 111 Jahren ein geradezu methusalemisches Alter erreicht hatte, geben uns reichlich Mühe, die Zielgerade unseres Lebenslaufes zu verlängern. Das können wir in jeder Woche erfreut feststellen, wenn wir in unserer Zeitung die Gratulationsliste studieren – immer auf der Suche nach einem vertrauten Namen, nach bekannten Orten, nach Menschen aus der Kindheit, der Jugendzeit, den Schuljahren in der Heimat. Immer ist ein biss­chen Hoffnung dabei, vor allem bei denjenigen, die kaum noch persönlichen Kontakt zu den Menschen aus ihrem früheren Lebenskreis haben. Und manchmal gibt es da unerwartete Überraschungen. So teilte uns jetzt eine Tilsiterin mit, dass ein Jugendfreund, den sie 1944 zum letzten Mal in ihrer Heimatstadt gesehen hatte, durch den Glückwunsch für eine liebe Freundin wieder Kontakt zu ihr aufnehmen konnte.

Das war eine gute Nachricht, und sie machte neugierig. Wenn es schon ein Wiederfinden gibt, dann will man auch mehr darüber wissen, denn es macht auch anderen Schicksalsgefährten Hoffnung. Und so erfuhr ich die ganze Geschichte von Frau Inge Holstein, die – wie wohl alle, die an der Memel aufgewachsen sind – immer noch Heimweh hat nach dem großen Strom, nach Tilsit und nach Unter-Eißeln, wo sie als Kind bei ihren Großeltern unvergessliche Stunden erlebt hat. 14mal ist sie schon in der Heimat gewesen und oft hat sie, wenn sie die alten Plätze aufsuchte, an die Spielgefährten von damals gedacht, ob sie noch lebten, wohin das Schicksal sie vertrieben hat. So auch an den Nachbarssohn Hans Hasler aus der Siedlung, die heute nicht mehr steht. Nie hat jemand etwas von ihm gehört, er war „wie vom Erdboden verschwunden“, wie Frau Holstein sagt. Und nun kommt unsere Gratulationsliste ins Spiel. Ihre Tilsiter Freundin Anneliese Scher aus Hamburg wurde 85 und in der Folge 23 unserer Zeitung wurde ihr zu diesem hohen Geburtstag gratuliert. Frau Holstein fuhr nach Hamburg und wurde von der Freundin gleich mit einer Glück­wunschkarte empfangen: „Weißt du, wer geschrieben hat? Der Hans Hasler!“ Der Freund aus der Kinderzeit lebte und hatte den Glückwunsch gelesen und sofort gratuliert. Ein „Himmelsgeschenk“ war das für ihn, und so sahen es auch die Freundinnen. Sofort wurde telefonisch Kontakt aufgenommen, und der wird nun nicht abreißen, denn auch der gefundene Jugendfreund – nun auch schon 85! – lebt ebenfalls in Norddeutschland, in Karolinensiel. Ein Wiedersehen nach 65 Jahren, denn im August 1944 war Hans Hasler als Soldat zum letzten Mal in Tilsit bei seiner Mutter gewesen.

Bewirkt durch einen Glück­wunsch in unserer Zeitung. Da können wir wirklich sagen: „Wir gratulieren“! Dass diese Seite genau gelesen wird, bestätigt auch unser emsig schreibender Leser Hans-Gerd Mayer aus München, der das Ostpreußenblatt besonders dafür lobt, dass auch die heutigen Anschriften der Jubilare veröffentlicht werden. Das hat ihm bei seiner Familienforschung schon sehr geholfen.

65 Jahre – so lange hat es auch gedauert, bis Frau Heidemarie Düring ihren Stiefbruder Hans Joachim wieder fand. Über dieses wohl schönste Wiederfinden haben wir schon ausführlich berichtet, denn es war ein Sucherfolg, den unsere Ostpreußische Familie bewirkt hat: Es ist kaum zu glauben, dass die Geschwister einander gesucht haben, seit sie sich noch in der Heimat zum letzten Mal gesehen hatten, obgleich der große Bruder in Dortmund und die „kleine“ Schwester in Berlin lebten. Und sich wahrscheinlich nie gefunden hätten, wenn eine Verwandte des Geschwisterpaars nicht den Suchwunsch von Frau Döring in unserer Kolumne gelesen hätte! Die Freude, die dieses Wiederfinden ausgelöst hat, kann man kaum beschreiben, es ist, als müssten Heidemarie und „Hanni“ alles nachholen, was sie 65 Jahre versäumt hatten. Jetzt war die Schwester wieder bei ihrem Bruder in Dortmund, in seinem sorgsam gepflegten Rosengarten ließen sie sich fotografieren – ich hatte darum gebeten, denn wir wollen dieses glückliche Wiederfinden auch bildlich bestätigt sehen. So können wir heute das Foto der beiden Halbgeschwister bringen, darüber freuen wir uns, denn solche Aufnahmen sind die Beweise, welche Wunder – in diesem Fall kann man das ruhig so nennen – unsere Ostpreußische Familie bewirken kann.

Und die Erfolge gehen weiter, wenn auch mit Zeitverzögerung. Da hatten wir im vergangenen April den Wunsch von Herrn Gerhard Fydrich veröffentlicht, der zusammen mit Frau Edith Nadolny seinen aus Lasken/Sorquitten stammenden Landsmann Kurt Borries und dessen Schwester Christel suchte. Die Freundschaft war während der Internierung der Familien in Dänemark entstanden und hatte sich mit gegenseitigen Besuchen gefestigt, bis die Mauer fiel. Die Fydrichs wohnten damals in Mecklenburg, die Geschwister Borries in Westdeutschland. Nun trug Herr Fydrich uns im April 2008 seinen Suchwunsch vor mit der Hoffnung, dass es beim Deutschlandtreffen in Berlin ein Treffen geben würde. Das verlief leider ohne ein Wiedersehen, weder Kurt Borries noch seine Schwester Christel hatten sich gemeldet – obgleich wir auch ein Foto von Kurt Borries mit seiner jungen Frau als Brautpaar veröffentlicht hatten – und es gab auch weiterhin keine Resonanz. Die Hoffnung sank bei Herrn Fydrich bis zu 90 Prozent – aber ein Rest blieb eben noch, und das war gut. Denn jetzt kam sein Schreiben: „Ich kann Ihnen einen Erfolg mitteilen. Plötzlich meldete sich der Sohn von Kurt Borries bei Frau Nadolny. Er hatte die Suchanzeige im Internet gesehen und daraufhin angerufen. Drei Tage später rief dann auch sein Vater bei mir an und teilte mir mit, dass auch seine Schwester Christel lebt. Es geht allen dem Alter entsprechend gut. Natürlich haben wir auch über andere Bekannte gesprochen. Für September will ich versuchen, ein gemeinsames Treffen zu organisieren. Wie man wieder einmal sieht: Man soll die Hoffnung nie zu früh aufgeben!“ Ein Satz, der für mich geborene und praktizierende Optimistin geradezu „Ölke oppet Seelke“ ist, wie wir Ostpreußen sagen, wenn unsere Seele wieder einmal weichgespült wird.

Den werden wir auch weiter gut gebrauchen können, denn die Suchwünsche reißen nicht ab. Einer hat uns auf Umwegen erreicht, das heißt, er wurde an den Bund der Vertriebenen in Bonn gerichtet, der ihn an die Landsmannschaft Ostpreußen weiterreichte, und so landete er bei uns als der geeigneten Plattform. Herr Kurt Dageroth aus Delbrück sucht Kontakt zu ehemaligen Bürgern von Gilgenburg, denn dort wohnten einige Mitglieder seiner Familie in der Zeit von 1938 bis zur Vertreibung. Der Schreiber möchte nun diese Zeit für seine Familiengeschichte durchleuchten, vor allem geht es ihm um das Schick­sal seines Vaters Kurt Dageroth, dessen Frau Margarete und ihres Sohnes Hans Peter, des Halbbruders von Kurt Dageroth. Der Vater heiratete 1942 in zweiter Ehe Margarete Morrosch, im gleichen Jahr wurde der gemeinsame Sohn Hans Peter geboren. Leider fehlen alle näheren Angaben, die eine gezielte Suche erleichtern könnten, wie nach der Straße, in der die Familie wohnte, nach dem Beruf des Vaters, ob er zeitweilig beim Militär war und ob es weitere Familienmitglieder in Gilgenburg gab. Es sind auch weder Geburtsdaten noch Herkunftsorte genannt. Es geht Herrn Dageroth wohl vor allem um das anscheinend unbekannte Schicksal der genannten Familienangehörigen durch die Vertreibung. Er möchte aber auch über deren Gilgenburger Zeit und die damaligen Lebensverhältnisse etwas erfahren. Wer also die Familie Dageroth gekannt hat, wer vielleicht mit ihr zusammen geflohen ist, wende sich bitte an Herrn Dageroth, der sein Schreiben mit den hoffnungsvollen Worten beschließt, dass sich bestimmt noch einige Zeitgenossen finden werden, die ihn bei der Aufklärung dieser Zusammenhänge unterstützen könnten. (Kurt Dageroth, Bredde 8 in 33129 Delbrück.)

Die Frage von Herrn Konstantin Neß aus Ravensburg führt in den Kreis Wehlau, sie dürfte einfacher zu beantworten sein, denn es geht in erster Linie um die Lage eines Sammelgrabes. In diesem soll sein Onkel Konstantin Schmid, * 11. April 1910 in Herretshofen, beigesetzt worden sein. Der Bruder seines Vaters war zuletzt in der 2. Kompanie Nachrichten-Abteilung 156, die der 56. Infanterie-Division unterstellt war. Er soll am 22. Januar 1945 in Grauden gefallen und in Guttschallen südlich von Schirrau begraben worden sein. Die Fragen von Herrn Neß beziehen sich nun auf diese Orte und die dort stattgefundenen Kampfhandlungen. Wer kann etwas über Grauden (Romaschowo) und Guttschallen berichten und sagen, wo sich dort Soldatengräber befinden? Wer erinnert sich an die Kämpfe Ende Januar 1945 in diesem Bereich bei Schirrau, dem Kirchspielort von Grauden und Guttschallen? Herr Neß fragt noch nach einem Bildband, der auch Aufnahmen von den genannten Orten enthält, und ist auch an sonstigen Informationen über diese kleinen Ortschaften interessiert. (Konstantin Neß, Gutenbergweg 22 in 88213 Ravensburg, Telefon 0751 / 793128, E-Mail: k.ness@gmx.de)

Eure Ruth Geede

Foto: Haben sich nach 65 Jahre wiedergefunden: Heidemarie Düring und ihr Stiefbruder Hans Joachim


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