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08.08.09 / Neue Sicht auf 1944 / In Polen werden Mythen um den Warschauer Aufstand hinterfragt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-09 vom 8. August 2009

Neue Sicht auf 1944
In Polen werden Mythen um den Warschauer Aufstand hinterfragt

Es war kein schöner Tag für die deutsch-polnischen Beziehungen: 1994 verwechselte der damalige Bundespräsident Roman Herzog den polnischen Aufstand in Warschau im August/September 1944 mit dem jüdischen Aufstand in Warschauer Ghetto im Frühjahr 1943. Peinlich war das schon deswegen, weil die Niederschlagung des Aufstands mit wahrscheinlich weit über 100000 getöteten Polen zu den größten deutschen Kriegsverbrechen gehört.

Nicht nur wegen der Dimension der Verluste hat sofort nach Kriegs-ende ein intensiver polnischer Gedenkkult um den Aufstand eingesetzt. In der kommunistischen Zeit war dieses Gedenken allerdings von Verlogenheit geprägt: Denn während Himmlers SS in Warschau mordete, stand die Rote Armee hoch überlegen auf dem anderen Ufer der Weichsel und schaute zu, was bis 1989 in Polen öffentlich kaum gesagt werden durfte. Das Motiv der UdSSR war klar: Die Deutschen räumten mit der aus London geführten antikommunistischen polnischen Heimatarmee (AK) auf. Das passte in Stalins Konzept, dem polnische Parioten, zumal antikommunistische, kein bisschen sympathischer waren als Hitler.

Dieser Teil der Mythenbildung um den Aufstand von 1944, der sich dieser Tage zum 65. Male jährt, ist seit langem „abgeräumt“. Doch inzwischen werden weitere, noch grundsätzlichere Fragen gestellt. Eine davon ist, warum auch die britische Regierung kaum für die Aufständischen Partei ergriff und es bei wenigen, eher symbolischen Abwürfen von Versorgungsgütern über den von Aufständischen gehaltenen Stadtteilen Warschaus beließ. Hätte in Churchills Nachkriegsplanungen ein freies Polen hohe Priorität gehabt, wäre jedenfalls ein anderes Verhalten zu erwarten gewesen.

Wie der polnische Internetdienst „polskaweb“ berichtet, wird aber auch zunehmend gefragt, ob für die Führung der AK die grausame Reaktion des NS-Regimes nicht so sicher vorhersehbar war, dass sie eine Mitverantwortung trifft: „Bei der jahrzehntelangen Analyse der Ursachen und der Folgen des Aufstandes durch Historiker und andere Vertreter der linken und liberalen Intelligenz, zeichnet sich ab, dass dieser so heroische Akt alles andere als eine Notwendigkeit war.“

Nach der Darstellung von „pol-skaweb“ ist der Auftrag zum Aufstand der Heimatarmee von der Exilregierung in London gekommen, „die durch die Briten hierzu ,inspiriert‘ und mit falschen Hilfeversprechen motiviert“ worden seien. In ähnlicher Weise wie in Warschau seien Aufstände der AK aber schon wenige Wochen zuvor im Juli 1944 in Lemberg, Wilna und anderen Regionen niedergeschlagen worden. „Polskaweb“ zitiert den überlebenden Aufständischen und späteren Schriftsteller und Journalisten Leon Lech Beynar (1909−1970) mit den Worten, er verachtete die Mythenbildung um dieses Verbrechen am polnischen Volk, welches die eigenen Politiker in Gang gesetzt hätten, und weiter: „Der Warschauer Aufstand richtete sich militärisch gegen Deutschland, politisch gegen die Sowjetunion, demonstrativ gegen die Angelsachsen, tatsächlich aber gegen Polen.“   PAZ


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