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08.08.09 / Neues Piratennest / Westafrika: Gangsterbanden terrorisieren die boomende Ölregion

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-09 vom 8. August 2009

Neues Piratennest
Westafrika: Gangsterbanden terrorisieren die boomende Ölregion

Während sich die Weltgemeinschaft auf die Piratenseuche vor der somalischen Küste eingeschossen hat, ist ein zweites, nicht minder gefährliches Nest von Freibeutern und Kidnappern entstanden und zwar in der Bucht von Guinea, Nigeria und dem Nigerdelta (Bonny-Beach) sowie an den Küsten des Kongo bis hinunter nach Gabun.

Speziell Nigeria mit seinen reichen Ölvorkommen ist trotz einer Armee von über 70 000 Mann auf dem „somalischen“ Weg zu einem fast rechtsfreien Raum, in dem Aufständische, Untergrundorganisationen, Jugendbanden und Geheimbünde das Sagen haben und wo Entführungen (2006 über 100 Geiseln), Öldiebstahl, Kämpfe zwischen dem muslimischen Norden und dem christlichen Süden an der Tagesordnung sind. In der ersten Hälfte 2009 wurden in den Seegebieten rund 40 Attacken auf Schiffe verübt, berichtet die Piracy-Agentur in Kuala Lumpur, Tendenz steigend.

Entführungen haben sich als eine Art „Volkssport“ zur Finanzierung aggressiver Ziele entwickelt. In der Regel kommen die Geiseln nach Zahlung eines Lösegeldes frei. Besonders Angestellte der Firma Shell, die die Ölexploration dominiert, sind betroffen. Kriminelle Banden zapfen zudem in großem Stil Ölleitungen an und verkaufen das Öl auf dem Schwarzmarkt. Rund ein Viertel der Fördermenge verschwinden in diesen mysteriösen Kanälen. Phantasievolle Namen haben sich die Banden gegeben: Die Egbesu-Boys, die Iduwini Volunteer Front, die Niger Delta People’s Volunteer Force, das South-South Liberation Movement, die Bewegung für die Emanzipation des Nigerdeltas, die muslimischen Hisbah-Gruppen, der O’odua Peoples Congress, die Bakassi Boys, die Biafra-Bewegung und zahlreiche andere Pseudorevoluzzer machen eine geordnete Ökonomie nahezu unmöglich.

Dennoch haben sich die ausländische Investitionen von 2006 auf 2007 versiebenfacht. Der NSE Börsenindex war 2007 der siebt-erfolgreichste der Welt, die nigerianische Guaranty Trust Bank schaffte es als erstes Geldinstitut aus Schwarzafrika, an der Londoner und Frankfurter Börse notiert zu werden. Der Grund: Ein 1970 entdeckter Ölreichtum weckt die Begehrlichkeiten westlicher Industriestaaten, allen voran jene der USA. Auch China mit seiner permanenten Rohstoffknappheit engagiert sich und hat beispielsweise das Eisenbahnwesen (3500 Kilometer Schienenwege) modernisiert, zudem für das Land einen Kommunikationssatelliten in den Orbit geschossen. Nigeria mit seinen 8575 Kilometer Wasserwegen, fünf großen Seehäfen, Stationen der Shell auf der Bonny-Insel und von Exxon Mobil am Qua-Iboe-Fluss, 22 Flughäfen und mit 60 000 Kilometern asphaltierten Straßen hat mit die beste Verkehrsinfrastruktur in Schwarzafrika, leidet aber unter den Problemen eines unzuverlässigen Stromnetzes und einer in ländlichen Gebieten unzulänglichen Wasserversorgung. Dennoch, die Chancen zu weiterer Prosperität sind günstig, wenn es gelingt, die auf den Straßen und Wasserwegen herrschende Kriminalität zu besiegen. Die Zeichen dafür stehen allerdings schlecht.

An der einheimischen Bevölkerung geht der Dollarsegen ohnehin so gut wie spurlos vorbei. Schuld daran ist eine überbordende Korruption. Über 35 Prozent des Volkes leben in extremer Armut – und die ist, wie in Somalia, die erste Voraussetzung für die Bildung krimineller Banden und die Piraterie. Joachim Feyerabend


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