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© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-09 vom 8. August 2009
Stein des Anstoßes Sie fällt nicht sofort ins Auge, die Sandsteinplatte mit der eingemeißelten Inschrift „Gegen Flucht und Vertreibung“ in der Gildehauser Schlesierstraße. Harri Tietz hat dort sein persönliches Denkmal errichtet, mit dem er einen Anstoß zum Nachdenken geben will. „Es wird so viel Theater um eine nationale Gedenkstätte gemacht. Für uns, die wir durch Flucht und Vertreibung so viel Leid ertragen mussten, haben die Politiker bisher keine angemessene Gedenkstätte geschaffen“, so Harri Tietz. Er ist darüber ungehalten, dass 64 Jahre nach Kriegsende das umstrittene Zentrum zur Erinnerung und zum Gedenken an Flucht und Vertreibung sich noch immer in der Planungsphase befindet. „Den Gedanken, in Eigeninitiative etwas zu schaffen, hatte ich schon lange“, verrät Tietz. Eine Sandsteinplatte, die er in den nahegelegenen Kuhlen fand und die er mit Erlaubnis des Besitzers nach Hause transportierte, gab den Anstoß. Das persönliche Schicksal von Harri Tietz steht beispielhaft für die über zwölf Millionen deutschen Vertriebenen. Der 1940 im ostpreußischen Bartenstein geborene Tietz flüchtete am 28. Januar 1945 mit seinen Eltern, vier Geschwistern mit Pferden und Wagen vor der anrückenden Roten Armee zunächst zum Frischen Haff. Als nach einer Zwischenübernachtung in Ufernähe der Vater die Pferde wieder anspannen wollte, explodierte hinter ihm eine Bombe und riss den Wagen mit in die Tiefe, während die Pferde durchgingen und den verletzten Vater mit sich rissen − drei Jahre blieb er verschollen, bis der Suchdienst ihn in Dänemark aufspürte. Zu Fuß gelang der Mutter mit ihren fünf Kindern bei eisiger Kälte und Tieffliegerbeschuss die Flucht über das zugefrorene Haff nach Pillau, um von dort mit einem Schiff über Danzig nach Kolberg zu gelangen. In einem Bunker fanden sie Unterschlupf, aber die Mutter war mit ihren Kräften am Ende. Als rettender Engel erwies sich ein versprengter Soldat, der den Wagen mit dem einjährigen Schwesterchen, den vier Kindern und der erschöpften Mutter auf das letzte Schiff Richtung Westen bringt. Trotzdem starb eine Schwester. Mit seinem Stein will Tietz nun einen Anstoß geben. Hartmut Abel Foto: Als Vierjähriger Vertrieben: Harri Tietz mahnt an. |
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