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08.08.09 / So weit ging noch nicht einmal die SED / Neue Broschüre des Landes Nordrhein-Westfalen: Ostpreußen, Schlesien und Pommern waren angeblich schon vor 1945 polnisch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-09 vom 8. August 2009

So weit ging noch nicht einmal die SED
Neue Broschüre des Landes Nordrhein-Westfalen: Ostpreußen, Schlesien und Pommern waren angeblich schon vor 1945 polnisch

Der bedauerlicherweise weitestgehend auf die Vertriebenenkreise beschränkte Sturm der Entrüstung, welchen die „Empfehlung“ des Bundesinnenministeriums bezüglich der melderechtlichen Anerkennung des ehemaligen Ostdeutschlands in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 mit dem Stichtag 2. August 1945 als „Ausland“ hervorgerufen hat, ist gerade abgeflaut.

Man wähnte sich in einem wohligen Sommerloch, da schießt das nordrhein-westfälische Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration unter Armin Laschet einen noch dickeren Bock, als das von Dr. Wolfgang Schäuble verantwortete Ressort.

Die anlässlich der Schließung der ehemaligen Landesstelle für Aussiedler, Zuwanderer und ausländische Flüchtlinge in NRW in Unna-Massen am 30. Juni herausgegebene Festschrift „Landesstelle Unna-Massen – Ein starkes Stück Landesgeschichte“ trägt ihren Namen wahrlich zu recht.

Unter der Überschrift „Aussiedler aus Polen 1955 bis 1959“ findet der interessierte Leser auf Seite 13 solch wunderbare Feststellungen wie, dass „während des Krieges etwa zehn Millionen Deutsche in Polen (Ostpreußen, Pommern, Nieder- und Oberschlesien, Ostbrandenburg, Danzig und anderen Gebieten)“ lebten. Es geht dem Autor vorwiegend nicht um völkerrechtliche Erörterungen, dennoch seien die Verantwortlichen der genannten Broschüre auf die jüngste Empfehlung des Bundesinnenministeriums hingewiesen worden, dass der deutsch-polnische Grenzvertrag, welcher die Ober-Neiße-Linie als Grenze zwischen der Republik Polen und der Bundesrepublik Deutschland bestätigte, erst am 16. Januar 1992 mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft trat.

Auch Zahlen scheinen in Düsseldorf arge Probleme zu bereiten. Denn weiter heißt es auf Seite 13: „Nach Kriegsende müssen zwischen 1945 und 1950 zirka 3,6 Millionen Deutsche aus Polen sowie aus Ostdeutschland fliehen oder werden vertrieben. Tausende finden den Tod.“ Abgesehen davon, dass mit „Ostdeutschland“ wohl die DDR gemeint sein dürfte – denn anders hätte die obige Erklärung dessen, was unter Polen (Ostpreußen, Pommern usw.) verstanden wird, keinen Sinn –, reicht ein Blick in regierungsamtliche Quellen aus, um feststellen zu können, wie dem Integrationsministerium NRW Zahlen verloren gegangen sind.

Laut dem vom Bundesministerium für Vertriebene in den Jahren 1953 bis 1961 herausgegebenen fünfbändigen Werk und einer Untersuchung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahre 1958 lag die Anzahl der aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches 1945 bis 1950 Vertriebenen bei knapp sieben Millionen und die der Todesopfer (Vertreibungsverluste) bei mindestens 882000 Zivilisten.

Nicht genug der Unterschlagung Hundertausender toter Landsleute, auch die Flüchtlinge aus der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und der späteren DDR werden mit einigen Verharmlosungen bedacht. Auf Seite 9 erfährt man Erhellendes über die Motivlage der Flüchtlinge aus der SBZ ab dem Jahr 1947, von denen etliche zunächst aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße nach Mitteldeutschland kamen: „Die ersten, direkt aus der alten Heimat eintreffenden Vertriebenen, haben die Einheimischen größtenteils bereitwillig als unmittelbar Not leidende aufgenommen. Die neuen Flüchtlinge haben die sowjetische Zone aus mehr oder weniger freien Stücken verlassen.“ Wie gesagt: Mehr oder weniger… – Wem das noch nicht ausreicht, die Qualität des Heftes zu beurteilen, dem sei die Seite 16 empfohlen. Dort heißt es über das Verlassen der Sowjetischen Besatzungszone seit Kriegsende: „Ein kurzer Marsch über einen Acker oder durch ein Waldstück, schon ist man drüben. Die relativ offene ,Grüne Demarkationslinie‘ zum Westen lässt sich leicht überqueren.“ 

Eine ältere gebürtige Breslauerin, die mir persönlich bekannt ist, schrieb über die „leichte Überquerung“: „Naiver geht es wirklich nicht mehr! Ich war 16jährig so eine ,Illegale‘, die zirka neun Stunden vor der Abholung zur Zwangsarbeit in das Bergwerk Aue eine Nacht lang durch Felder und Wiesen, Gebüsch und Sträucher gekrochen war, während die Vopos auf alles, was sich bewegte, geschossen haben. Die Schreie der getroffenen Menschen werde ich nie vergessen.“

Wie gesagt: Diese Broschüre ist wahrlich ein starkes Stück. Nicht der Landesgeschichte NRW, sondern vielmehr dank des verharmlosenden Tons und dank der ungehörigen Ignoranz gegenüber Tatsachen, die aus den angeführten Beispielen spricht (siehe Kommentar Seite 8).       Tobias Körfer


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