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08.08.09 / Geheimnis des Bernsteins / Zum 100. Geburtstag des Bildhauers Jan Holschuh

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-09 vom 8. August 2009

Geheimnis des Bernsteins
Zum 100. Geburtstag des Bildhauers Jan Holschuh

Die Kräfte, die Bernstein entstehen ließen und absicherten, sind für uns technisch eingebundene Menschen nach Millionen von Jahren nicht messbar. Es bedurfte des schöpferischen Vermögens von Jan Holschuh, um das in ihnen verborgene Geheimnis ihrer Existenz erahnen zu lassen, ohne ihre Einmaligkeit zu gefährden“, schrieb Max Peter Maass 1989 im Katalog zu einer Ausstellung mit Arbeiten des Bildhauers Jan Holschuh im Deutschen Elfenbeinmuseum Erbach.

Die (meist) kleinen Kunstwerke, die unter der Hand von Holschuh aus Bernstein entstanden, sind von faszinierender Schönheit. Stets ließ der Künstler die Ursprünglichkeit des Bernsteins deutlich hervortreten. Krusten mit Resten der Blauen Erde blieben erhalten, die Strukturen, die unterschiedliche Farbe, eventuelle Inklusen – alles wurde mit einbezogen in die Aussage, die der Künstler mit seiner Arbeit verband.  Oft hat es der Bildhauer der Phantasie der Betrachter überlassen, sich hineinzufinden in die Welt seiner Ausdruckskraft.

„Menschliche Körper und Köpfe werden zu Inklusen“, hat er selbst einmal seine Arbeiten beschrieben. „Wie unter Zwang kreisen die Themen um Flucht und Auflösung. Was ich für überwunden hielt, wird wieder lebendig, drängt sich immer wieder neu auf und vermischt sich mit Gegenwärtigem, mit dem Fragen um die Existenz des Menschen und den Zweifeln, die hintergründig unseren Alltag durchsetzen.“

Geboren wurde Jan Holschuh am 9. August 1909 im hessischen Beerfelden. In Erbach (Odenwald) besuchte er die Fachschule für Elfenbein, bevor er 1927 nach Königsberg ging, um dort an der Kunst- und Gewerkschule seine Studien fortzusetzen. Der Schüler von Franz Andreas Threyne und  Ernst Grün begeisterte sich schon bald für das „Gold der Ostsee“, für den Bernstein, dem er wundervolle Formen entlockte. Für eine Eisbären-Skulptur erhielt er 1929 einen Grand Prix bei der Weltausstellung in Barcelona.

Nach weiteren Studien an der Hochschule für Bildende Künste in Weimar zog es Jan Holschuh 1932 wieder nach Königsberg, wo er 1933 die künstlerische Leitung der Staatlichen Bernsteinmanufaktur als Nachfolger von Hermann Brachert  übernahm. An „seiner“ alten Kunst- und Gewerkschule hatte er darüber hinaus als Lehrer die Möglichkeit, seinen Schülern die Faszination des Materials Bernstein nahezubringen. In dieser Zeit beteiligte er sich auch an Kunstausstellungen des Königsberger Kunstvereins (1935 und 1941). 1936 erhielt er einen zweiten Grand Prix bei der Weltausstellung in Paris.

Als der Krieg über Ostpreußen hereinbrach, kam auch für Jan Holschuh die Schicksalswende. 1946 wurde der Soldat aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Zunächst in Augsburg, dann in Erbach begann die Familie ein neues Leben. Die meisten seiner Arbeiten waren in Königsberg verbrannt. In Erbach fand er einen neuen Wirkungskreis und konnte dort von 1950 bis 1978 die Fachschule, seine erste Ausbildungsstätte, leiten. In dieser Zeit schuf er vor allem zarte Arbeiten aus Elfenbein, aber auch große Metallplastiken und beteiligte sich bei „Kunst am Bau“.

Gut ein halbes Jahrhundert musste vergehen, bis Jan Holschuh sich wieder dem Bernstein zuwandte. Als der Bildhauer am 2. August 2000 in Erbach starb, hinterließ er eine Reihe von eindrucksvollen Arbeiten, die in einer Dauerausstellung im Deutschen Elfenbeinmuseum Erbach (Odenwald) zu sehen sind. Weitere Arbeiten werden im Deutschen Bernsteinmuseum in Ribnitz-Damgarten und im Odenwaldmuseum präsentiert.          Silke Osman


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