© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-09 vom 8. August 2009

Von ihrer Heimat geprägt
Mutter Teresa und ihre Geburtsstadt Skopje – »Keine Albanerin«

Wolf Oschlies, PAZ-Lesern durch seine Osteuropaberichte ein Begriff, betätigt sich in seinem neuesten Buch als balkanischer Fährtenleser. Es geht um die Jugendjahre von Mutter Teresa, 1910 als Gonxha Bojaxhiu in Skopje geboren und bis 1928 dort heimisch. Die Hauptstadt Makedoniens war nie albanisch, wie auch Mutter Teresa nach Überzeugung des Autors keine ethnische Albanerin war. Er nennt vielmehr Argumente, warum sie „Vlachin“ war, also Balkan-Rumänin (Aromunin). Mit einer Behinderung wurde sie geboren, war stets ein kränkliches Kind, das aber in seiner wohlhabenden Unternehmerfamilie eine behütete Kindheit und glückliche Jugend erlebte. Oschlies hat die junge Frau und die alte Stadt in ein Wechselverhältnis eingebunden: Er nutzt Mutter Teresa als „Aufhänger“ für ein facettenreiches Porträt des historischen Skopje und interpretiert ihre spätere Missionstätigkeit in Indien als Auswirkung ihrer Skopjer Sozialisation. Als Mutter Teresa bereits weltberühmt war, hat sie sich oft zur Stadt ihrer Kindheit bekannt – an ihre Schuljahre, ihre Kirchengemeinde, die Freizeit, die Ausflüge in die Umgebung, den Umgang mit Eltern und Geschwistern.

Das alles beschreibt der Autor in einem leserfreundlichen Reportage-Stil, der sich völlig vom süßlichen Traktätchen-Ton vieler Teresa-Publikationen unterscheidet. Der Autor nennt Fakten und Zahlen, erläutert Ereignisse und Hintergründe, beschreibt altbalkanisches Bildungs- und Erwerbsleben und schildert so einen Mikrokosmos im sozio-ökonomischen Umbruch, in dem sich die kleine Gonxha Bojaxhiu so gut zurechtfand, dass sie als spätere Mutter Teresa noch vom Skopjer „Erbe“ zehrte.

Das Buch schließt mit einem Anhang von 35 historischen Fotos und Postkarten, darunter erstaunlich viele deutscher Provenienz. Es gibt für uns manches wiederzuentdecken. Warum nicht auf den Spuren Mutter Teresas?             PAZ

Wolf Oschlies: „Mutter Teresa – Die Jugend in Skopje“, Wieser Verlag Klagenfurt 2009, gebunden, 193 Seiten, 12,95 Euro