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15.08.09 / Was selbst der Krieg nicht schaffte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-09 vom 15. August 2009

Was selbst der Krieg nicht schaffte
von Harald Fourier

Wann wird schon mal eine Fahrplanänderung in der „Tagessschau“ angesagt? Eigentlich ein Unding. Über die Schwierigkeiten der Berliner S-Bahn in den vergangenen Wochen wurde dort regelmäßig berichtet. Ganz Deutschland spottet über den Totalausfall.

Seit etwa 80 Jahren gibt es die S-Bahn, so wie sie jetzt ist. Sie befördert in guten Zeiten annähernd 400 Millionen Menschen pro Jahr. Zwei Weltkriege hat sie überstanden. Selbst die Erstürmung Berlins durch die Rote Armee 1945, die mit einer Million Mann, Panzern und Flugzeugen hereinpreschte, hat den Betrieb nur kurzfristig lahmgelegt. Später hat der 13. August 1961 den Fahrplan durcheinandergebracht. Aber eingestellt wurde der Dienst dennoch nicht. In Ost und West verkehrten nun getrennte Züge. Manch einer nutzte die S-Bahn zur Flucht in den Westen.

Doch die S-Bahn fuhr. Sie war ein Muster deutscher Gründlichkeit, gleichzeitig aber auch ein Symbol der Teilung. Die Reichsbahn gehörte offiziell dem Osten, fuhr aber auch im Westen. Das BVG-Ticket (West) war in den S-Bahnzügen (Ost) nicht gültig, also musste ein Extrafahrschein erworben werden. Auch deswegen fuhren in den Westsektoren nicht so viele Leute mit der S-Bahn. Viele West-Berliner boykottierten den SED-Staat dadurch, dass sie auf U-Bahnen oder Busse auswichen. Aber nur, bis der Westen den roten Machthabern in den 80er Jahren die West-S-Bahn abkaufte.

Seit 1990 rollen die Züge wieder durch die vereinte Stadt. Eigentlich sollte jetzt ihre große Zeit gekommen sein. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die S-Bahn steht still. Was Krisen und Krieg, Panzer und Bomben, Ulbricht, Stalin und die Teilung nicht geschafft haben, ist nun ein paar Bahn-Managern gelungen, die durch ihre Nachlässigkeit den vorübergehenden Totalausfall verursacht haben. Seit Wochen werden die Züge überprüft, deswegen ist der Fahrplan außer Kraft gesetzt. Zeitweise war sogar die wichtigste Verbindung zwischen Ost- und Westkreuz außer Betrieb. Bis Jahres­ende könnten die Verzögerungen im Verkehr anhalten. Berlin hat den Schaden, für den Spott sorgt der Rest Deutschlands.

Am 27. August (19 Uhr) findet im ehemaligen Notaufnahmelager in Marienfelde (Marienfelder Allee 66/80, 12277 Berlin) eine Ausstellungseröffnung statt: „Mit der S-Bahn in den Westen“.

Gezeigt werden Bild- und Tondokumente sowie Zeitzeugenberichte rund um die S-Bahn während der Teilung. Außerdem wird ein kurzes Theaterstück aufgeführt. Die Ausstellung wird bis zum 31. Januar gezeigt. Der Eintritt ist frei.


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