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15.08.09 / »Bananen fressende Dschungel-Affen« / Rassismus ist in den USA noch lebendig, wie der Fall des farbigen Professors Gates beweist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-09 vom 15. August 2009

»Bananen fressende Dschungel-Affen«
Rassismus ist in den USA noch lebendig, wie der Fall des farbigen Professors Gates beweist

Wie leicht aus einem kleinen Feuer in der Politik ein Flächenbrand entstehen kann, erfuhr man wieder einmal am Fall des schwarzen Harvard-Professors Henry Louis Gates Jr., der in den letzten Wochen die Schlagzeilen in den USA beherrschte. Rassismus war der Stoff, der wie Zunder brannte.

Zur Erinnerung: Gates, einer der prominentesten schwarzen Intellektuellen der USA, war von einer internationalen Konferenz in China zurückgekehrt. Am Flughafen von Boston war er übermüdet in ein Taxi gestiegen und zu seinem Haus in Cambridge nahe der Uni gefahren, nur um festzustellen, dass das Türschloss blockierte. Das Problem wurde mit Hilfe des gleichfalls schwarzen Taxifahrers gelöst. Das sah eine neue Nachbarin, hielt es für einen Einbruch und rief die Polizei. Wenig später klingelte der weiße Polizeihauptmann namens James Crowley, Spezialist für Rassenfragen im Polizei-Quartier Cambridge, bei dem Rassenfachmann Gates Sturm und fuhr den Erschreckten barsch an, sich auszuweisen. Der Professor zeigte Harvard-Ausweis wie Führerschein. Als der Sergeant jedoch fortfuhr, ihn wie einen Verdächtigen zu behandeln, brach die alte Wunde auf, die viele Schwarzen in sich spüren: grundlos nur wegen ihrer Hautfarbe verhaftet zu werden. Es entstand ein Rassismus-Wortgefecht, in dessen Verlauf der Cop den Professor in Handschellen abführte, wo er mit Foto und Fingerabdrücken wie ein Krimineller dokumentiert und nach fünf Stunden gegen 45 Dollar Kaution entlassen wurde, obwohl man längst wusste, wer er war.

Von der Website des Professors geriet die Schreckensnacht in die Presse. Und nachdem Präsident Obama, auf einer Pressekonferenz nach seiner Meinung befragt, erklärt hatte, die Polizei habe „dumm“ gehandelt, brach der Sturm los. Die Polizeigewerkschaft („Das war kein Rassismus, das war berechtigtes Verhalten gegen eine Person mit ungebührlichem Verhalten – eine Art Widerstand gegen die Staatsgewalt) verlangte eine Entschuldigung des Präsidenten. Die NAACP, die Vereinigung der Afroamerikaner, erwartete von ihm hingegen, das Thema hart als Rassismus zu verfolgen. Nicht nur die Zeitungen, auch Funk und Fernsehen berichteten täglich. Ein bulliger Kollege von Crowley, Sergeant Justin Barrett vom Boston-Polizei-Department, reagierte auf einen Pro-Gates-Leitartikel im „Boston Globe“ mit einer E-Mail, in der er erklärte, wäre ihm ein derart respektloses Verhalten begegnet, hätte er diesem „Bananen fressenden Dschungel-Affen“ Tränengas ins Gesicht gesprüht, denn der Polizei zu widersprechen sei unter keinen Umständen zu gestatten. Er sei aber, versicherte Barrett später tränenreich − inzwischen wurde er entlassen und klagt −, kein Rassist.

Das aber ist eben das Problem. Nicht der weiße Mann ist der Rassist, wie es der legendäre Begründer der Black-Power-Bewegung Malcolm X schon 1965 erkannte, „es ist die amerikanische politische, wirtschaftliche und soziale Atmosphäre, die automatisch die rassistische Psychologie in den Weißen nährt“. Er meinte die Behandlung der schwarzen Minderheit als Menschen zweiter Klasse. (Etwas, das in Deutschland am besten die Heimatvertriebenen verstehen dürften, die nach dem Krieg auf die oft dümmliche Arroganz der Einheimischen stießen.) Malcolm X versuchte, die tiefe Verunsicherung, das Minderwertigkeitsgefühl der Schwarzen in Selbstbewusstsein, in Black Power, zu verwandeln. Das gelang, aber nur zum Teil. Auch heute, nach fast 50 Jahren Bürgerrechtskampf leiden viele Schwarze – zum Teil begründet, zum Teil unbegründet – unter Minderwertigkeitsgefühlen.

„Die Schwarzen haben keine Agenda wie die Juden, die Latinos, die Homosexuellen“, klagte bereits Malcolm X. „Alle diese sprechen, wenn es um Rechte geht, mit einer Stimme. Sie sind vertreten in den Regierungszentren und vor der UN. Sie sind eine machtvolle Einheit, mit der die Politiker lieber nicht spaßen.“ Bei den Schwarzen jedoch kümmert sich kaum einer um den anderen. Die Gutsituierten (mit Ausnahmen natürlich) wollen mit den Armen, Erfolglosen, Problematischen am liebsten nichts zu tun haben. So froh sind sie, dem Ghetto ihrer Kindheit entronnen zu sein. Vielleicht gibt es deshalb unter den Schwarzen (31 Prozent der US-Bevölkerung) am meisten kaputte Familien. Damit gehen mangelnde Schulbildung, hohe Arbeitslosigkeit, hohe Kriminalität sowie Ziel- und Hoffnungslosigkeit einher. Ihr Kapital an Intelligenz, Lebensfreude und Witz liegt brach.

Hier muss Obama mit seinem „Change“ ansetzen. Und wie er im Weißen Haus Professor Gates und Sergeant Crowley versöhnte, so könnte sein Einfluss auch die US-Bürger einen.    Liselotte Millauer


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