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22.08.09 / Unwirkliche Stille / Der Wahlkampf 2009 unterscheidet sich von allen bisherigen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-09 vom 22. August 2009

Unwirkliche Stille
Der Wahlkampf 2009 unterscheidet sich von allen bisherigen

Vielen Bürgern gefällt diese Form der politischen Auseinandersetzung gar nicht schlecht: Keine Polemik, wenig großspurige Ankündigungen, dazu eine freundlich-souveräne Kanzlerin. Doch im Wahlkampf, der keiner ist, bleiben wichtige Dinge ungesagt.

Ausländische Beobachter könnten daran zweifeln, ob in der volkreichsten Demokratie Europas in fünf Wochen wirklich Wahlen auf nationaler Ebene stattfinden. Unwirklich ruhig plätschert der Wahlkampf dahin, die Regierungschefin macht seelenruhig Urlaub im malerischen Südtirol, während ein Herausforderer zwar fleißig durch das Land tourt, es allerdings nicht schafft, einen temperamentvollen politischen Streit anzuzetteln. Selbst sein Phantasieprojekt von vier Millionen neuen Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2020 war der Amtsinhaberin nicht mehr wert als den Hinweis, dass eine solche Ankündigung wohl „unredlich“ sei, obwohl natürlich auch sie langfristig Vollbeschäftigung anstrebe.

Soviel Langeweile war selten so kurz vor einer Bundestagswahl. Das Phänomen lässt sich erklären: Anders als bis in die achtziger Jahre hinein gibt es im deutschen Volk (das sich mehr und mehr zur bundesrepublikanischen Gesellschaft hin auflöst) keine von gemeinsamen Überzeugungen zusammengehaltenen „Lager“ mehr. Früher glaubten die einen das, die anderen jenes, wieder andere schwankten zwischen den Positionen. Wechselwähler waren eine eher seltene Spezies.

Nach 64 Jahren Frieden und über 50 Jahren Wohlstand scheint es hingegegen gar keine von größeren Gruppen geteilten und verteidigten Grundüberzeugungen mehr zu geben, die die Politiker im Wahlkampf ansprechen oder zurückweisen könnten. Den Versuch, solche Grundüberzeugungen zu schaffen oder zumindest zu beeinflussen, also die Bürger in einem tieferen Sinne von etwas zu überzeugen und sie nicht nur zu einem bestimmten Wahlverhalten zu motivieren, unternehmen Politiker in einer solchen Lage gar nicht mehr.

Insofern ist auch die Große Koalition, die die Hauptkontrahenten von übermäßiger Polemik schon deswegen abhält, weil sie die Erfolge und Misserfolge der vergangenen Jahre gemeinsam verantworten, nicht wirklich die Ursache des „Morphium-Wahlkampfs“ 2009. Vielmehr ist auch die seit Jahren von so vielen Bürgern bevorzugte Große Koalition selbst schon Ausdruck der Auflösung von durch gemeinsame Überzeugungen zusammengehaltenen politischen und gesellschaftlichen Gruppen.

In dieser sonderbaren Stille bleiben viele Dinge unausgesprochen. Während die SPD kaum erklären kann, wie sie nach dem 27. September weiter mitregieren will, verschweigt die hoch favorisierte Kanzlerin etwas viel wichtigeres: Niemand erfährt so recht, was nach der Wahl weiter geschehen soll. Aber auch die FDP taktiert nach Kräften, und hält sich viele Optionen offen (siehe Kommentar).     Konrad Badenheuer

Foto: Faszination Leichtathletik: In der deutschen Hauptstadt messen noch bis Sonntag die besten Sportler der Welt bei der WM ihre Kräfte. Mit einem fantastischen Weltrekord über 100 Meter in 9,58 Sekunden ging das Treffen in Berlin bereits in die Sportgeschichte ein.


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