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22.08.09 / Die Kanzlerin im guten Licht / Politikchefin der »Welt« schildert, wie Merkel regiert, und wirbt indirekt für sie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-09 vom 22. August 2009

Die Kanzlerin im guten Licht
Politikchefin der »Welt« schildert, wie Merkel regiert, und wirbt indirekt für sie

Nach dem Kollaps von Lehman Brothers am 7. September 2008 kam es weltweit zu Kurseinbrüchen an den Börsen. Kurz darauf hatte die Finanzkrise auch Deutschland voll erfasst. Im Berliner Kanzleramt und im Finanzministerium wurde unter Beteiligung der wichtigsten Bankenchefs unter Hochdruck um die Rettung der Münchner Hypothekenbank Hypo Real Estate gerungen, eine, wie es hieß, wegen drohender Finanzmarktverwerfungen alternativlose Maßnahme. Während dieser dramatischen Tage und Wochen, insgesamt fast sechs Monate bis Ende März 2009, reiste die Journalistin Margaret Heckel als Politikchefin der „Welt“-Zeitungsgruppe mit Kanzlerin Angela Merkel. Sie nahm an Sitzungen teil und war auf nationalem wie internationalem Parkett zugegen. Zusätzlich verschaffte sie sich durch Interviews Kenntnisse über die Vorgänge während des Krisenmanagements. Ihr auf dieser Grundlage konzipiertes Buch liegt nun vor und trägt den Titel „So regiert die Kanzlerin – Eine Reportage“. Anschaulich schildert Heckel aus der Nähe die Arbeit der deutschen Politiker und beschreibt anekdotenreich, auf welchem Wege Entscheidungen zustande kommen.

Flott und unterhaltsam spricht die Autorin die anstehenden innenpolitischen Themen an und berichtet über internationale Konferenzen. Mit Detailinformationen wartet sie nicht auf, was zu Lasten des Erzähltempos erfolgt wäre. Mit der ihr eigenen Distanziertheit und Sensitivität beobachtete sie die Mächtigen dieser Welt und insbesondere deren Verhalten gegen-über der Kanzlerin. Viele anerkennende Kommentare aus dem In- und Ausland über Merkels Auftreten und ihre Tätigkeit ließ Heckel in ihre Reportage einfließen, so das Lob von US-Präsident Obama, der ihre Tatkraft und ihren analytischen Sachverstand hervorhob. Heckel selbst fiel Merkels beständige Ruhe und Nüchternheit auf, selbst in brenzligen Lagen. „Wenn die Kanzlerin wirklich verärgert ist, wird sie sehr ruhig und still. Und kühl.“ So gegenüber dem Pressesprecher der Deutschen Bank, nachdem Bankchef Josef Ackermann „heftig die Regeln des Rettungspaketes“ angegriffen hatte, vor allem die Gehaltsbeschränkung der Manager auf 500000 Euro im Jahr. Dazu Regierungssprecher Thomas Steg: „Wie denn der normale Bürger das verstehen solle, dass die Bank für 500000 Euro nicht die ‚besten‘ Mitarbeiter bekäme? Und ob es nicht gerade diese Besten gewesen seien, welche die Krise ausgelöst hätten?“

Selbst bei vielen deutschen Politikern, glaubt Heckel, stünde es mit dem vollen Verständnis um die Tragweite der Finanzkrise nicht zum Besten – oder wie sonst ist ihre Aussage zu verstehen, der 32-jährige SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider, der als „großes Talent in seiner Partei“ gelte, sei „einer der wenigen, die verstehen, um was es bei der Finanzkrise überhaupt geht“?

Natürlich ist es kein Zufall, dass das Buch pünktlich einige Wochen vor der Bundestagswahl im September erschienen ist, ebenso wenig, dass sich darin feine, bisweilen ironische Spitzen gegen einige Exponenten der SPD finden. Kritik an der Kanzlerin, die auf deren Paradigmenwechsel bei der Familien- und Integrationspolitik abzielt, umschifft Heckel, indem sie Merkels bewährten Pragmatismus als Fels in der Brandung herausstellt. EU-Kommissionspräsident Barroso wird zitiert: „Deutschland ist in Finanzdingen vorsichtiger als andere, und das ist sehr gut so. Denn die Kanzlerin hatte auch das Defizit im Blick und suchte nach einem Weg, die Konjunktur zu stabilisieren, ohne die Maastricht-Grenzen zu verletzen. Deutschland hat das sehr gut hinbekommen.“     Dagmar Jestrzemski

Margaret Heckel: „So regiert die Kanzlerin“, Piper Verlag, München 2009, broschiert, 255 Seiten, 14,95 Euro


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