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22.08.09 / Extreme Nichtsnutze / Punkerin erzählt von ihren Leistungen und Idealen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-09 vom 22. August 2009

Extreme Nichtsnutze
Punkerin erzählt von ihren Leistungen und Idealen

Da hat die Rezensentin gehofft, endlich einen Einblick in die Denke linker Punker und Protestler zu erlangen, doch nach 301 Seiten ist sie absolut nicht schlauer. Genauer, sie sieht sich in ihrem Vorurteil, dass es mit dem Denken bei diesen Gruppierungen nicht so weit her ist, bestätigt.

„Silvia Hable gibt der Protest-Jugend von heute eine Stimme!“, wirbt der Verlag für das Buch „Augen zu gilt nicht – Auf der Suche nach einer gerechten Welt“. Doch wo Silvia Hable auf der Suche nach einer gerechten Welt ist, bleibt dem Leser verborgen. Zwar erscheinen immer wieder irgendwelche linksextremen Parolen, doch am Ende weist die Autorin selber darauf hin, dass vieles nur auf Halbwissen beruht. „Meine oft recht grobe Gesellschaftskritik beruht hauptsächlich auf Beobachtungen, Erzählungen und eigenen Erfahrungen, und ich spüre, dass mir ein theoretischer Unterbau fehlt …“ Der Leser hat das auf den 263 Seiten zuvor längst gemerkt. Von ihrem 16. Lebensjahr an lebt Silvia immer mal wieder auf der Straße beziehungsweise besetzt mit anderen Punkern Häuser. Immer wieder gibt es Streit unter den Mitbewohnern, wer von ihnen das Geld beschaffen geht, sprich, vor dem Stadtbahnhof schnorren. Eineinhalb Stunden die Leute um einen Euro bitten, dass ist für Silvia schon harte Arbeit. Zwar lässt sie sich regelmäßig bei ihren Eltern blicken und macht sogar ihr Abitur, doch danach zieht sie mit einem klapprigen Bus quer durch Europa, von linksextremer Demo zu linksextremer Demo. Häufig sind es nur Besäufnisse und Drogenexzesse, bei denen die Sexualpartner gewechselt werden und man bei Langeweile ruft: „Lass uns Faschos klatschen gehen.“

Später in Berlin findet Silvia allerdings keinen Anschluss, auch wenn sie versucht, eine Ausbildung zu machen, die ihre arg gebeutelten, von ihr stets wüst beschimpften Eltern ihr finanzieren: Silvia besucht eine Artistenschule. Doch aufgrund zu vieler Fehlzeiten wird sie von der Schule geschmissen. Auch das Soziale Jahr beim „Kinderzirkus“ bricht Silvia ab, denn obwohl die Arbeit mit den Kindern erst um 11 Uhr beginnt, kommt sie selten rechtzeitig.

Es ist faszinierend, wie wenig die 1983 geborene Autorin darüber nachdenkt, dass andere Leute für ihr Geld schwer arbeiten müssen. Ihre Eltern, deren bürgerliches Leben sie so verachtet, haben immer wieder versucht, sie zu unterstützen, doch Dank erhalten sie nur wenig. Immer wieder hofft man, dass die Autorin ihre Schilderungen ironisch meint oder aus einer inneren Distanz heraus schreibt, doch leider ist nichts davon zu erkennen. Für jene, die wirklich wegen des Klimas, der Hungernden in Afrika und anderer Dinge besorgt sind, sind Menschen, wie sie Silvia Hable in der Punkerszene darstellt, kontraproduktiv, da ihnen jegliches Unrechtsbewusstsein und Gemeinschaftsgefühl fehlt.    Rebecca Bellano

Silvia Hable: „Augen zu gilt nicht – Auf der Suche nach einer gerechten Welt“, DVA, München 2009, kartoniert, 301 Seiten, 16,95 Euro


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