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22.08.09 / Hauptsache Überleben / Geschichte aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-09 vom 22. August 2009

Hauptsache Überleben
Geschichte aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft

88 Jahre ist er alt, der in seinen Kreisen legendäre „Sprecher der Stalingrader Spätheimkehrer“ Hein Mayer, der jetzt sein achtes Buch vorlegt. Wie alle vorangegangenen beschäftigt sich auch dieses mit dem Schicksal deutscher Kriegsgefangener. Während die meisten aufgrund von Dokumenten und Zeitzeugenaussagen, einige auch in Zusammenarbeit mit einem russischen Historiker durchaus den Rang von wissenschaftlicher Literatur erreichten, handelt es sich diesmal, wie der Titel schon sagt, um „Ernste und heitere Kurzgeschichten aus zehn Jahren Zwangsarbeit“, die er in Zusammenarbeit mit seinem ehemaligen Kameraden Alfons Kuhn zusammengestellt hat.

Man erlebt bei der Lektüre eine Welt, von der sich jüngere Generationen kaum zutreffende Vorstellungen machen können, liegt der Zweite Weltkrieg doch sehr fern. Man liest in den Kurzgeschichten von der Auslieferung der Soldaten, die am Kriegsende in die Hand der US-Amerikaner und der Sowjets fielen, man liest von Demütigungen in den Lagern und Gefängnissen, von Folterungen, um „Geständnisse“ über angebliche Kriegsverbrechen zu erpressen, aber auch von den Anstrengungen der Gefangenen, um zu überleben. Mayer und Kuhn schildern, wie sie die Wärter zu übertölpeln versuchen, und das oftmals mit Erfolg, wie die Gefangenen kameradschaftlich zusammenhalten, aber auch wie Einzelne sich als „Antifas“ gewinnen lassen, um durch Verrat der eigenen Kameraden Vorteile zu gewinnen.

Um möglichst lange Kriegsgefangene als billige Arbeitskräfte im Land zu behalten, verurteilten sowjetische Gerichte in Scheinpro-zessen pauschal Tausende zu 25 Jahren Zwangsarbeit. Mayer und Kuhn gehörten zu den Unglück-lichen. (Er wurde wie die allermeisten seiner verurteilten Kameraden in den 90er Jahren durch russische Gerichte rehabilitiert.) In den letzten Jahren in den Zwangsarbeitslagern halfen die in immer größerer Anzahl bei ihnen eintreffenden Pakete aus der Heimat, ihre Gesundheit und ihren Mut zu erhalten. Endlich 1955 konnte Bundeskanzler Adenauer durch seine selbstbewusste Verhandlungstaktik ihre Heimkehr im Tausch gegen die Aufnahme diplomatischer Beziehungen durchsetzen.

Ergreifend die Schilderungen vom Empfang der Heimkehrer bei der Fahrt durch Dörfer und Städte auf dem Wege ins Entlassungslager Friedland. Sie wurden von Tausenden von jubelnden Menschen begrüßt, und im Lager wartete Bundespräsident Heuß auf sie, um sie in der Heimat willkommen zu heißen. 

Das Bändchen eignet sich nicht nur für alte Soldaten als Erinnerung, sondern ebenso für junge Leute, die durch die Kurzgeschichten einen ersten Zugang finden zu der Welt, in der ihre Großeltern lebten. H.-J. von Leesen

Hein Meyer und Alfons Kuhn: „Ernste und heitere Kurzgeschichten aus zehn Jahren Zwangsarbeit“, Bod, Norderstedt 2009, geb., 244 Seiten, 16,80 Euro


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