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22.08.09 / Schatten über den Schweden / EU-Ratspräsident Reinfeldt befürwortet EU-Beitritt der Türkei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-09 vom 22. August 2009

Schatten über den Schweden
EU-Ratspräsident Reinfeldt befürwortet EU-Beitritt der Türkei

Als US-Präsident Barack Obama sein Amt antrat, hatte er einen gewichtigen „Bonus“: Den Amtsvorgänger. Ähnlich ist es mit Schweden – wenngleich die Kritik am tschechischen EU-Ratsvorsitz vor allem deshalb so heftig ausfiel, weil Staatspräsident Václav Klaus ein erklärter Gegner der Klima-Hysterie und des Lissabon-Vertrags ist. Dem schwedischen Vorsitz im zweiten Halbjahr 2009 kommt natürlich auch der Ruf zugute, den Schweden durch sein vielfältiges humanitäres Engagement erworben hat. Und seit 2006 wird Schweden erstmals seit Jahrzehnten von einer bürgerlichen Koalition regiert, was wirtschaftlichen Realismus verspricht.

Es gibt allerdings Widersprüchlichkeiten, und manches muss vor allem aus mitteleuropäischer Perspektive bedenklich erscheinen. An erster Stelle ist die schwedische Haltung zur EU-Erweiterung zu nennen. Denn laut Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt seien die Beitrittsverhandlungen mit Ankara von „größter strategischer Bedeutung für Europa“ – und tatsächlich würde ein Türkei-Beitritt die EU zum unmittelbaren Anrainer an die Krisenherde Nahost und Kaukasus machen. Schweden hofft, dass weitere Verhandlungskapitel eröffnet oder gar abgeschlossen werden können. Jedenfalls wird es noch schwieriger werden, die Heuchelei von „Verhandlungen mit offenem Ausgang“ aufrechtzuhalten.

Dass die schwedischen „Wikinger“ den Beitritt ihrer isländischen Brüder befürworten, ist verständlich. Für die übrigen Nettozahler bestätigt sich aber der Eindruck, dass nur in die EU drängt, wer in Nöten ist. Siehe Norwegen, bei dem es wohl erst nach Erschöpfung der Öl- und Gasquellen so weit ist. Man wird sehen, ob Schweden eine Lösung in dem an sich fast lächerlichen Konflikt zwischen Kroatien und Slowenien finden kann, oder ob Kroatien doch erst – wie von London und Paris angestrebt – zusammen mit dem „Westbalkan“ aufgenommen wird.

In der Asyl-Frage fordert Schweden „Solidarität“ mit den Erstaufnahme-Ländern. Wird aber diese Solidarität nicht zur Nachlässigkeit verleiten, sobald man die allermeisten illegal Einreisenden als „Quotenflüchtlinge“ wieder loswerden kann? (Pro Einwohner gerechnet tragen heute Malta, Zypern, Griechenland, Schweden und Österreich die größte Last.)

Und wie hält es Schweden sonst noch mit der europäischen Solidarität? Schweden ist bis heute nicht Mitglied der Euro-Zone, obwohl es dies sein müsste. Denn es erfüllt längst alle Kriterien und hat sich – anders als Großbritannien und Dänemark – beim EU-Beitritt keine Ausnahme ausbedungen.

Als vehementer Advokat einer „grünen Energiepolitik“ vertritt das Land eine neue CO2-Steuer und den Handel mit „Emissionszertifikaten“. Öko-Puristen sind trotzdem nicht glücklich, denn die neue Regierung hat auch einen Ausstieg aus dem Atom-Ausstieg beschlossen. Bei der für Dezember angesetzten Welt-Klimakonferenz in Kopenhagen wird sich weisen, ob die Gespensterjagd weitergehen soll oder ob man angesichts der Weltwirtschaftskrise auf den Boden der Realität zurückfindet. R. G. Kerschhofer


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