25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
29.8.09 / Viele Fragen bleiben / Die Untersuchung zur Krise der Hypo Real Estate (HRE) brachte wenig Klarheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-09 vom 29. August 2009

Viele Fragen bleiben
Die Untersuchung zur Krise der Hypo Real Estate (HRE) brachte wenig Klarheit

Die Rettung der Krisenbank HRE kostet den Steuerzahler insgesamt über 100 Milliarden Euro − und ein Ende ist nicht absehbar. Ein Untersuchungsausschuss sollte mehr Licht in den beispiellosen Vorgang bringen. Offenbar hängen auch Politiker von FDP und Grünen in der Bankenkrise drin,  sie waren deswegen nur bedingt als Aufklärer geeignet.

Vier Monate lang waren in 22 Sitzungen Dutzende Banker, Prüfer, Aufseher und Politiker befragt worden. Vor allem von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) hatte sich die Opposition Wahlkampffutter erhofft, doch das Finale des Untersuchungsausschusses mit dem Zeugen Steinbrück vor wenigen Tagen brachte keine Sensationen. Der oft aufbrausende Steinbrück hatte sich voll in der Gewalt und antwortete sehr überlegt.

Individuell Schuldige, die man an den Pranger hätte stellen können, waren für FDP und Grüne nicht auszumachen, obwohl der Ruf hiernach, angesichts staatlicher Bürgschaften in Höhe von bisher 102 Milliarden Euro allein für die HRE, besonders laut war. Doch weder Peer Steinbrück oder seinem Staatssekretär Jörg Asmussen noch Bankern und Prüfern konnte der Untersuchungsausschuss ein eindeutiges Versagen nachweisen.

„Auf Lehman war niemand vorbereitet, auch ich nicht“, erklärte Steinbrück. Auch beteuerte er, dass die Politik nicht vorher hätte eingreifen können, da das HRE-Debakel nach damaligem Wissensstand undenkbar gewesen sei. Hier kritisierte er den Chef der Bankenaufsicht (BaFin), Jochen Sanio, der die HRE zuvor vor dem Ausschuss als „Saustall“ bezeichnet hatte. Dies täte Sanio auch nur in der Rückschau, so der Minister spitz. Das Pikante daran: Die BaFin untersteht ihrerseits der Aufsicht von Steinbrücks Ministerium.

Hätte Sanio dies bereits 2008 so gesehen, hätte er das Finanzministerium informieren müssen, was er jedoch nicht getan habe, so Steinbrück. Zwar hätten einzelnen Fachabteilungen seines Hauses Berichte der BaFin über die HRE vorgelegen, doch in denen habe sie die Lage der Bank nur als „angespannt, aber beherrschbar“ beschrieben, so die Analyse von Steinbrücks Staatssekretär Asmussen, der die Berichte jedoch auch erst nach dem Debakel gelesen hat.

Die Warnung der BaFin war also nicht laut genug. Viel mehr hätte sie allerdings auch nach dem bis jetzt geltenden Recht nicht tun können. Den Vorstand abberufen kann sie nicht, zudem kannte sie auch nicht das gesamte Geschäft der Bank, da die HRE-Tochter Depfa, die mit ihrem riskanten Kreditgeschäft erst die Bank an den Abgrund brachte, ihren Sitz in Dublin hatte und somit der irischen Aufsicht unterstand.

Die geringen Einflussmöglichkeiten der BaFin wurden jedoch nicht allzu laut angeprangert. Abgeordnete der SPD und Union hielten sich mit ihren Fragen zurück, da Parteifreunde unter den „Betroffenen“ waren. Aber auch die Grünen waren recht zaghaft, da sie 2003 unter Rot-Grün an der letzten Reform der BaFin beteiligt waren. Die FDP war sich zudem bewusst, dass, hätte vor der Finanzkrise jemand stärkere Eingriffsmöglichkeiten für die Bankenaufsicht gefordert, sie am lautesten widersprochen hätte. Gerade die Liberalen plädierten jahrelang für möglichst wenig regulierte Finanzmärkte. Letztlich hatten jedoch außer der Linkspartei alle geglaubt, dass zu viel Regulierung die Banken mit ihren Jobs, Gewinnen und Steuerzahlungen an andere Finanzplätze getrieben hätte. Wirtschaftswissenschaftler bestätigten sie zudem in dieser Annahme. Dieser Irrglaube gehört zu den Ursachen der Finanzkrise.    Bel

Foto: Finanzminister Steinbrück (SPD) vor der Anhörung: Der HRE-Untersuchungsausschuss erwies sich als „zahnloser Tiger“.   Bild: action press

 

Zeitzeugen

Georg Funke – Schon in den ersten Monaten des Jahres 2008 riefen die ersten „Funke muss weg“. Und im Oktober 2008 legte der damalige Chef der Hypo Real Estate dann endlich sein Vorstandsmandat nieder. Dass der Banker, der 2006 3,1 Millionen Euro verdient hat, selbst den Überblick über die intransparenten Geschäfte und Risiken seines Unternehmens verloren hat, scheint offensichtlich.

 

Gerhard Bruckermann – Er war Chef der Depfa-Bank bis die HRE diesen in Irland ansässigen Staatsfinanzierer übernahm. Schon damals war das riskante Geschäftsmodel der Depfa in Schwierigkeiten, doch Bruckermann verließ das sinkende Schiff mit gut 100 Millionen Gewinn für sich. Sein jetziger Aufenthaltsort ist nicht bekannt.

 

Jörg Asmussen – Gehört wie Weidmann dem vierköpfigen Lenkungsausschuss des Bankenrettungsfonds Soffin an. Der 42-jährige Staatssekretär im Bundesfinanministerium ist aus Bonner Studententagen mit Weidmann bekannt, einer ihrer Lehrer war Professor Axel Weber, der später auf die Empfehlung seines früheren Studenten Asmussen zum Bundesbankpräsidenten avancierte. Ausmussen muss von den vier „Soffin-Lenkern“ am meisten Kritik hinnehmen, denn er hatte vor der großen Krise der Liberalisierung der Finanzmärkte das Wort geredet− eher ungewöhnlich für einen Sozialdemokraten.

 

Jens Weidmann – Der Leiter der Abteilung Wirtschafts- und Finanzpolitik im Bundeskanzleramt hat zusammen mit Asmussen studiert. Sein Job bei der Kanzlerin erhielt er auf dessen Empfehlung.

 

Walther Otremba – Das 58-jährige CDU-Mitglied ist seit 2006 beamteter Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und gehört dem Lenkungsausschuss an.

 

Lutz Diwell – Der Justiz-Staatssekretär gilt − nicht nur wegen seiner Haarfarbe − ein bisschen als die „graue Maus“ in dem Vierergremium, das weitgehend ohne Kontrolle über weit größere Mittel entscheidet als alle 611 Bundestagsabgeordneten zusammen. Diwell ist der einzige Jurist in dem diskreten Gremium.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren