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29.8.09 / Staat hilft, Konkurrenz auszuschalten / Deutsche Post profitiert von einseitiger Umsatzsteuerbefreiung − Bundestag verschleppt Entscheidung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-09 vom 29. August 2009

Staat hilft, Konkurrenz auszuschalten
Deutsche Post profitiert von einseitiger Umsatzsteuerbefreiung − Bundestag verschleppt Entscheidung

Eigenmächtig beschloss die Deutsche Post AG eingeschränkte Zustelltermine in den Sommerferien. Auch die Schließung der verbliebenen Filialen bis 2011 verärgert die Postkunden. Doch Alternativen zur Post haben sie kaum, obwohl das Briefmonopol offiziell bereits 2008 aufgehoben wurde.

„Wir sind die größten Herausforderer der Deutschen Post AG auf dem Briefmarkt.“ Diesen Satz sagt die Unternehmenssprecherin der TNT Post Deutschland keineswegs voller Inbrunst, denn die Zahlen, die dieser Aussage folgen, deuten eher auf ein Trauerspiel als auf eine Erfolgsstory hin. Drei Prozent Marktanteil hat TNT Post in Deutschland − und das als größter Herausforderer der Deutschen Post AG, die 91,6 Prozent Marktanteil hält. Alle anderen rund 800 weitgehend regionalen  Anbieter teilen sich den verbleibenden Markt.

Die Deutsche Post AG verfügt also quasi immer noch über ein Monopol auf dem Briefmarkt, obwohl dieser 2008 für Wettbewerber geöffnet worden war. Und die Dominanz der Post AG ist noch stärker, wenn man den privaten Briefverkehr betrachtet, denn beispielsweise TNT stellt nur die Briefe für Unternehmen und Behörden zu. Der 2007 so lautstark gestartete Briefzusteller PIN ist inzwischen weitgehend vom Markt verschwunden. Bereits 2008 meldete das Unternehmen Insolvenz an und wurde nur zum Teil von der Düsseldorfer Verlagsgruppe Holzbrinck übernommen, mit der nun auch TNT eine Kooperation anstrebt.

Doch wie kommt es, dass Wettbewerber gegenüber der Post so schwer bestehen können und sie die Zahl ihrer Mitarbeiter weiter reduzieren müssen? Der niederländische Konkurrent TNT hat nach Gewinneinbruch auch im zweiten Quartal 2009 wieder Stellen gestrichen. Er verweist hierbei auf Untersuchungen der Bundesnetzagentur, nach denen sich die Zahl der Arbeitsplätze bei Post-Mitbewerbern auf dem Briefmarkt im Jahr der Marktfreigabe um 19000 auf 29000 reduziert habe.

„Obwohl der deutsche Postmarkt seit über einem Jahr formell liberalisiert ist, findet noch immer kein fairer Wettbewerb statt“, wettert Mario Frusch, Geschäftsführer bei TNT Post Deutschland. „Schuld daran ist ein Giftcocktail bestehend aus dem völlig überhöhten Post-Mindestlohn, der einseitigen Umsatzsteuerbefreiung und der fehlenden Entgeltkontrolle der Deutsche Post AG.“

Allein die geltende Mehrwertsteuerbefreiung der Post AG sorgt dafür, dass alle Konkurrenten bei Behörden, Banken und Versicherungen, die die 19 Prozent nicht von der Steuer absetzen können, einen Wettbewerbsnachteil haben. Statt diesen mit der Marktöffnung 2008 fallen zu lassen, besteht er bis heute fort, obwohl der Europäische Gerichtshof hier bereits Beschwerde eingelegt hat. „Alle Voraussetzungen sind erfüllt, um die Beratungen des Gesetzes noch vor der Sommerpause abzuschließen. Dennoch soll das Gesetzgebungsverfahren nun ohne Angabe von Gründen verschoben werden“, so Frusch. „Das zeigt einmal mehr, dass es in der Politik starke Kräfte gibt, die alles tun, um auch in Zukunft den Wettbewerb im Postmarkt zu bremsen oder ganz zu verhindern.“ Gerade vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise sei es unverständlich, dass der Staat auf Steuermehreinnahmen verzichte, nur um ein einziges Unternehmen zu protektionieren, schimpft der TNT-Geschäftsführer ungehalten. Gerade wieder ist sein Unternehmen von einer Ausschreibung ausgeschlossen worden, weil es nicht den Mindestlohn von 9,80 Euro zahlt. Zwar hat das Düsseldorfer Oberlandesgericht entschieden, dass dieser Ausschluss nicht rechtens sei, da ein anderes OLG den Mindestlohn als unrechtmäßig beurteilt hatte, doch das Bundesverwaltungsgericht hat noch keinen Termin festgelegt, um zu entscheiden. „Bis zu einer endgültigen rechtskräftigen Klärung bleibt die Mindestlohnverordnung in Kraft. Die Bundesregierung ist optimistisch, dass ihre Rechtsauffassung letztinstanzlich bestätigt wird. Sie sieht die Mindestlohnverordnung für die Branche Briefdienstleistungen nach wie vor als rechtmäßig an“, antwortet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf Anfrage der PAZ. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel 2007 den Post-Vorstand Wolfhard Bender zum Chef des Bundesverbandes Deutscher Postdienstleister e.V. gemacht hatte. Dort waren nur die Post und ihre Töchter vertreten, die dann einen hohen Mindestlohn bestimmten, um die Konkurrenz im Keim zu ersticken. TNT zahlt nur 7,60 Euro.

Auch unterstellen die Post-Mitbewerber, dass das ehemalige Staatsunternehmen bei Großunternehmen mit Dumpingpreisen arbeitet. Doch die Bundesnetzagentur prüft nur auf Zuruf und wer denunziert einen möglichen Kunden? Die Konkurrenten können nur schwer der Versicherung XY auf Verdacht Prüfer ins Haus schicken und dann, im Falle des bewiesenen Verdachts, sich als Ersatz für die überführte Post AG anbieten.      Rebecca Bellano

Die Gelben beherrschen den Briefmarkt: Postzusteller in Grün oder Orange werden wieder seltener.       Bild: ddp


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