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29.8.09 / Aus nächster Nähe / Fleischhauers »Unter Linken − Von einem, der aus Versehen konservativ wurde«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-09 vom 29. August 2009

Aus nächster Nähe
Fleischhauers »Unter Linken − Von einem, der aus Versehen konservativ wurde«

Von angestrengter Süffisanz über demonstratives Desinteresse bis zu gespielter Langeweile reichen in den eher linksgedrehten Feuilletons die Reaktionen auf Jan Fleischhauers Essayband „Unter Linken – Von einem, der aus Versehen konservativ wurde“. Daraus lässt sich nur der Schluss ziehen: Fleischhauers scharfzüngige Binnenschau vom Wesen und Werdegang der Linken hat getroffen.

Wie der Titel verrät, entstammt der Autor selbst dem linken Milieu, aus dem er irgendwann, genau kann er das nicht datieren, „aus Versehen“ herauswuchs. Doch das Buch ist keine wutschnaubende Abrechnung eines Renegaten, sondern eine ebenso humorvolle wie gestochen scharfe Analyse, ein, wie Fleischhauer sagt, „Erkundungsbericht aus dem Imperium der Linken“.

Der 1962 geborene langjährige „Spiegel“-Journalist beginnt den Bericht mit seiner eigenen Jugend. Für die strammlinke Mutter ist links die einzig moralisch denkbare Haltung. Die anderen, die Rechten oder Konservativen repräsentieren für sie das Reich der Finsternis und sind keinesfalls nur die Vertreter einer anderen Richtung, die einfach die falschen Fragen stellen. Der junge Fleischhauer tritt in ihre Fußstapfen und gesellt sich zu den „Black Panthers“, einer Bürgerrechtsbewegung, die sich gegen die Unterdrückung der Schwarzen auflehnt.

Damit macht der Autor gleich zu Beginn ein unverzichtbares Merkmal des Linksseins aus: Es bedarf eines Opfers, für das man sich einsetzt. Sein Unglück: In dem noblen Hamburger Villenviertel, in dem er aufwächst, gibt es gar keine unterdrückten Schwarzen. Das hält ihn aber nicht davon ab, mit feurigem Engagement für die Sache der imaginierten Entrechteten zu streiten.

Der Opferstatus, so stellt Fleischhauer fest, berge enorme Vorteile. Wer gesellschaftlich durchgesetzt habe, dass er einer Opfergruppe angehöre, der sei politisch, moralisch und oft auch materiell im Vorteil. Daher werde der Status, einmal errungen, eisern verteidigt. Ob Frauen, Ausländer, religiöse, sexuelle oder rassische Minderheiten, wo einmal eine reale Benachteiligung festgestellt wurde, da wird laut Fleischhauer der Opferstatus auch dann noch, oder sogar erst recht dann um so verbissener eingeklagt, wenn die Benachteiligung längst überwunden wurde.

Wer anerkanntes Opfer sei, der könne beispielsweise eigene Schuld und Verantwortung mit leichter Hand auf andere übertragen. So sind nicht die türkischen Eltern schuld daran, dass ihre (in Deutschland geborenen) Kinder zu Hause kein Deutsch gelernt haben. Es ist die „Benachteiligung der Migranten“ in unserer Gesellschaft.

Oft werde auch versucht, sich an den Opferstatus anderer Gruppen quasi anzudocken. In „Türken und andere Juden“ beschreibt der Autor den (streckenweise recht erfolgreichen) Versuch, türkischer und anderer islamischer Lobbyisten, sich historisch in die Rolle der „neuen Juden“ hineinzumogeln, um so das maximale Erpressungspotenzial zu erlangen.

Breiten Raum gibt Fleischhauer den inneren Widersprüchen der Linken. Etwa den zwischen ihrem Habitus des Kämpfers für die Unterdrückten gegen die Mächtigen einerseits und ihr unbändiger Drang in den öffentlichen Dienst. Nur Linke gebärdeten sich gleichzeitig als Revolutionäre, richteten sich gleichzeitig „als Goldhamster des Systems“ in dessen Laufrad ein. Fleischhauer: „Das Verrückte dabei ist: Sie kommen damit durch. Niemand lacht laut auf, wenn der Subventionskünstler Claus Peymann, seit 40 Jahren eine der fidelsten Betriebsnudeln des deutschen Staatstheaters, davon spricht, ,Reißzahn im Arsch der Mächtigen‘ sein zu wollen.“

Warum dominiert die Linke derart komplett, dass die Bezeichnung des Gegenstücks, der Rechten, schon einem Verdammungsurteil gleichkommt? Die Linke beherrscht praktisch alle Bereiche, in denen entschieden werden, wie die Dinge zu bewerten seien, auch die Medien, so Fleischhauer. Für die meisten sei Linkssein daher schlicht Anpassung an die herrschenden Verhältnisse, als das Gegenteil von dem, was die Linke, die immer aufmüpfig zu sein vorgibt, von sich behauptet.

Wer die Linke besser durchschauen will, der ist mit Jan Fleischhauers Buch gut und kurzweilig bedient. Der geübte Autor benötigt weder lange Anläufe, noch verfängt er sich irgendwo in weitschweifigen Exkursen.     Hans Heckel

Jan Fleischhauer: „Unter Linken – Von einem, der aus Versehen konservativ wurde“, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2009, kartoniert, 350 Seiten, 16,90 Euro


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