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05.09.09 / Das Millionengrab von Tempelhof / Die Schließung des alten Zentralflughafens gerät für Berlin zum finanziellen Desaster

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-09 vom 05. September 2009

Das Millionengrab von Tempelhof
Die Schließung des alten Zentralflughafens gerät für Berlin zum finanziellen Desaster

Gegen alle Widerstände aus der Berliner Bevölkerung und von Fluggesellschaften hat der rot-rote Senat die Schließung des legendären Flugplatzes durchgeboxt. Nun schnellen die Kosten empor in Höhen von mehreren hundert Millionen Euro.

Die Schließung des Flughafens Tempelhof Ende Oktober 2008 gerät für Berlin zu einem Millionengrab. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht jetzt die bereits im Juni 2007 verfügte planungsrechtliche Entwidmung des Flughafens Tempelhof als rechtens bestätigt hat, lässt sich das Desaster nicht einmal mehr stoppen. Denn durch das Urteil ist eine Wiedereröffnung des Flughafens definitiv ausgeschlossen. Das heftig umstrittene Vorgehen des  Senats wurde mit dieser letztinstanzlichen Entscheidung endgültig abgesegnet.

Wie fatal sich dieses Urteil allein aus finanzieller Sicht für die deutsche Hauptstadt auswirkt, lässt sich an den seit der Flughafenschließung in die Höhe schnellenden Kosten ablesen. Machte der Zentralflughafen bis zu seiner Schließung zum 31. Oktober 2008 lediglich Verluste von fünf Millionen jährlich, so beläuft sich das seither in nur zehn Monaten entstandene Defizit auf bereits über 51 Millionen Euro. Die Schuldensumme resultiert zum einen aus dem von Experten geschätzten Jahresverlust des geschlossenen Flughafens in Höhe von mindestens 20 Millionen Euro und zum anderen aus dem Kaufpreis von 35 Millionen Euro, die der Berliner Senat für die Bundesanteile am Flughafen Tempelhof bezahlen muss. Erst kürzlich, am 9. Juni, hatte der Senat diesem Preis zugestimmt. Laut dem im April ausgeschiedenen Finanzsenator Thilo Sarrazin war er viel zu hoch: Tempelhof, so meinte der SPD-Politiker spöttisch, sei „kein Filetstück. Und wenn, dann schauen da schon die Maden raus.“

Der Senat rechnet indes anders. Die Kosten des Flugbetriebs hätten zehn statt fünf Millionen jährlich verschlungen, so SPD und Linke. Die Verdoppelung der Summe erklärt sich dadurch, dass die Holding der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (FBS) konzerninterne Kosten sachwidrig zulasten Tempelhofs verrechnet hatte. Überdies hatten Experten ermittelt, dass eine Umfunktionierung von Tempelhof zum zentralen Zielpunkt für Geschäfts- und Bedarfsflieger sogar einen verlustfreien Weiterbetrieb des ehemaligen Zentralflughafens ermöglicht hätte.

Indes umfassen die bis hier genannten Zahlen nur die Hälfte des De­sasters. Denn zusätzlich fallen bislang bereits 50 Millionen Euro Kosten für den Ausbau der Flughafens Tegel an. Dessen Erweiterung war nötig geworden, um die mit der Schließung Tempelhofs mutwillig gekappten Kapazitäten andernorts wiederherzustellen. Allerdings soll auch Tegel spätestens ein halbes Jahr nach Eröffnung des künftigen Großflughafens Berlin-Brandenburg International (BBI) dichtmachen.

Vor diesem Hintergrund rätseln selbst Wohlgesonnene über die Motive des rot-roten Senats, die ihn bewogen haben, Tempelhof auf Biegen und Brechen so früh es geht stillzulegen.

Denn hinzu kommt: Ergeben sich bislang in der Summe bereits Schließungskosten von über 100 Millionen Euro, so könnte sich selbst dieser Betrag noch einmal verdoppeln oder sogar verdreifachen. Denn für die vom Senat geplanten „Entwicklung“ des riesigen Tempelhof-Areals – ins Auge gefasst sind ein Landschaftspark, Wohnblöcke und eine Gartenbauausstellung im Jahr 2017 – müssen Verträglichkeitsstudien zur Bodenqualität her. Ohne solche Studien ist keines der Projekte genehmigungsfähig.

Mit bangem Blick schauen die Verantwortlichen auf die zu erwartenden Resultate der Studien. Tempelhof ging in seiner heutigen Form bereits in den 30er Jahren in Betrieb. Umweltschutzmaßnahmen im Stile des 21. Jahrhunderts waren damals und auch in den folgenden Jahrzehnten kein Thema. Was an Altölrückständen und anderem im Boden unter den Flugfeld lauert, ist kaum abzuschätzen.

So droht die Sanierung des Flughafengebiets ein weiteres Fass ohne Boden zu werden. Ab Oktober, so hat die Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer (SPD), vergangenen Montag bekanntgegeben, werde es „geführte Erkundungen“ geben. Im Mai 2010 soll das Areal dann für die Allgemeinheit geöffnet werden.   Peter Westphal

Foto: Das Gelände  des Flughafens Tempelhof:  Hier soll ein  Landschaftspark, Wohnblöcke  und 2017 eine  Gartenbauausstellung  entstehen. Doch die Finanzierung ist ungewiss.  Bild: pa


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