28.03.2024

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05.09.09 / Impulse aus Osteuropa

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-09 vom 05. September 2009

Impulse aus Osteuropa

Ziemlich im erwarteten Rahmen bewegen sich die Dokumentationen zum 70. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs: Kaum ein großer Sender erwähnt, dass Polen in der Zwischenkriegszeit mit fast allen Nachbarn in teils kriegerischen Konflikten lag, fast nirgenwo liest man, dass Polen seit 1926 eine Diktatur war, die sämtliche nationale Minderheiten einschließlich der rund 3,2 Millionen Juden massiv diskriminierte. Die kalte Vertreibung von über einer Millionen Polendeutschen nach 1919 wird regelmäßig unterschlagen, und die Massaker des Bromberger Blutsonntags mit insgesamt gut 5800 getöteten Deutschen – soweit sie überhaupt Erwähnung finden – als kontroverser Vorgang bewertet, über dessen Abläufe und Verantwortung gestritten werde. Über die Kriegsbegeisterung in Warschau am 1. September 1939 traut sich so gut wie kein deutsches Medium zu berichten.

In dieses Meinungsklima passt die Videobotschaft der Bundeskanzlerin vom Wochenende. Sie erinnerte unter anderem an „die Schuld, die Deutschland mit dem Krieg auf sich genommen“ habe – gerade so, als könnten ganze Länder schuldig werden.

Die Langeweile und der Überdruss an diesen vorhersehbaren Ritualen durchbrachen in diesem Jahr vor allem russische Politiker und polnische Historiker. Letztere führen eine bemerkenswerte Debatte darüber, was geschehen wäre, wenn Polen 1939 die deutschen Forderungen erfüllt hätte. Russische Politiker wiederum weisen Versuche zurück, durch Überbewertung des Hitler-Stalin-Paktes die Mitveranwortung Polens am Zweiten Weltkrieg kleinzureden. Auch wenn in diesen Debatten manche fragwürdige These vertreten wird, tragen sie zum Erkenntnisfortschritt mehr bei, als der sterile deutsche Gedenkdiskurs.       K. Badenheuer


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