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05.09.09 / Der »gute Mensch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-09 vom 05. September 2009

Der »gute Mensch von Bergedorf«
Der gebürtige Berliner Kurt A. Körber hat mit Erfolg nach dem Gelde gestrebt, um es für das öffentliche Wohl zu verwenden

Am Montag jährt sich der Geburtstag des Unternehmers und Stifters Kurt A. Körber zum 100. Mal. Der Wahlhamburger war sowohl begeisterungsfähiger Idealist als auch kritischer politischer Mensch, dem seine bürgerliche Mitverantwortung für das deutsche Gemeinwesen sehr bewusst gewesen ist. Durch seine Stiftung hat er viele kultur-, bildungs- und sozialpolitische Akzente gesetzt.

„Nur weil man mir meine Bilder nicht abgekauft hat, bin ich dazu gekommen, die Hauni-Werke aufzubauen.“ Dies war die verschmitzte Erklärung des Ingenieurs, Großunternehmers und „Anstifters“ Kurt Adolf Körber. Der durchaus künstlerisch talentierte Berliner gehört wohl zu den interessantesten Führungspersönlichkeiten der westdeutschen Nachkriegszeit. Denn der Industrielle engagierte sich nicht nur für sein Unternehmen, sondern gründete bereits 1959 die Körber-Stiftung, die bis heute wichtige Impulse für gesellschaftliche Verantwortung gibt.

Geboren wurde Kurt A. Körber am 7. September 1909 in Berlin-Charlottenburg. Sein Vater, Techniker von Beruf, fördert zwar zeitig die praktische Begabung seines Sohnes, er bleibt jedoch durch seine autoritäre Haltung eher eine Randperson in Körbers Jugend. Eine enge, Halt bietende Beziehung entwickelt sich allerdings zu seiner politisch engagierten und durchaus emanzipierten Mutter. Sie bleibt für ihn zeitlebens eine wichtige moralische Instanz.

Schon früh zeigt sich Körbers großes technisches Talent. Bereits als 15-Jähriger meldet er ein erstes Patent für eine automatisch gesteuerte „Radiosender-Ableseskala“ an. In diese Zeit fällt auch der Beginn seiner unternehmerischen Tätigkeiten: Zwei pensionierte Reichsbahnbeamte helfen dabei, dass seine Erfindung in Serie produziert werden kann, während er weiter die Schule besucht. Nach dem Studium der Elektrotechnik arbeitet Körber zunächst in Berlin bei Siemens, wechselt dann aber 1935 zur Dresdner Maschinenfabrik Universelle, wo er bereits mit 29 Jahren zum technischen Direktor aufsteigt. Da Dresden zu diesem Zeitpunkt das Zentrum der deutschen Tabakindustrie ist, entwickelt Körber dort vor allem Maschinen zur automatischen Zigarettenherstellung.

Als das Unternehmen Anfang der 1940er Jahre verstärkt Rüstungsaufgaben übernehmen muss, konstruiert Körber ein Ortungsgerät, das bei Marine und Luftwaffe eingesetzt wird. Körber und seine 4000 Mitarbeiter werden infolgedessen vom Frontdienst befreit. Der Zerstörung Dresdens fällt dann aber auch die „Universelle“ fast völlig zum Opfer.

Mit einer Aktentasche voller Zeichnungen für Maschinen unter dem Arm, kommt Körber 1946 nach Hamburg. Der Legende nach war sein erstes Büro in der Hansestadt in den Anfangsmonaten in einer Telefonzelle am Dammtor-Bahnhof untergebracht. Noch im selben Jahr gründet er die Hanseatische Universelle (Hauni), die bis heute ihren Stammsitz in Hamburg-Bergedorf hat. Das Unternehmen spezialisiert sich auf die Produktion von Zigarettenmaschinen und so werden derzeit 90 Prozent aller Filterzigaretten, die in aller Welt geraucht werden, durch die von Körber entwickelten Maschinen hergestellt. Gleichzeitig fertigt Hauni hochtechnisierte Vorrichtungen für Verpackung, Papierverarbeitung und Produktionsautomatisierung. 1987 werden die Hauni-Werke zur Körber-Gruppe umgewandelt, die weltweit 28 Firmen besitzt und über 8500 Mitarbeiter beschäftigt. Mit einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro gehört damit das Unternehmen von Kurt A. Körber zur Gruppe der 18 größten und weltweit produzierenden Maschinenbaufirmen.

Doch Kurt A. Körber ist nicht nur Urheber von über 200 technischen Patenten und erfolgreicher Unternehmer, sondern zugleich tatkräftiger Ini­tiator von Neuerungen. Der Ingenieur probiert in seinem Hauni-Werk ungewöhnliche Führungsmethoden und Mitentscheidungsrechte der Arbeitnehmer aus; so führt er 1971 in dem Unternehmen eine Betriebsverfassung ein, die den Beschäftigten eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 20 Prozent des Betriebsergebnisses garantiert.

Aber die Initiativen gehen noch weiter. Sein Engagement für den Konzern und dessen Belegschaft, so hat Körber einmal gesagt, fülle die erste Hälfte des Arbeitstages aus; die zweite Hälfte sei der Frage gewidmet, wie er den erzielten Ertrag für das Gemeinwohl nutzbringend verwenden könne. Wichtig sind ihm auch die ethischen Grundlagen der Gesellschaft sowie die Förderung von Bürgersinn und Gemeinsinn, von Moralität und Tugenden. Helmut Schmidt zitiert ihn folgendermaßen: „Unsere Gesellschaft ist in Gefahr, sich im bloßen Geldverdienen zu erschöpfen. Deshalb ist es wichtig, den Bürgersinn zu stärken, der über das eigene wirtschaftliche Interesse hinausreicht und auf das Interesse der Allgemeinheit, auf das öffentliche Wohl zielt.“

Körber, so Helmut Schmidt, habe immer viel Geld verdienen wollen. Er hielte dies keineswegs für eine Schande, sondern sein Ziel sei es immer gewesen, seinen Gewinn für das öffentliche Wohl zu verwenden. Gleichzeitig attestieren Freunde wie Biographen Körber eine große persönliche Bescheidenheit. Die üblichen Attribute des Großunternehmer-Wohlstands wie eine Villa an der Elbchaussee, eine große Yacht oder ein Firmenflugzeug lehnte er ab. Vielmehr übertrug er durch seine 1959 gegründete Stiftung den finanziellen wie ideellen Ertrag seiner technischen und unternehmerischen Aktivitäten dem öffentlichen Gemeinwohl. Die persönliche Stärke des „guten Menschen von Bergedorf“ wie Richard von Weizäcker Körber einmal bezeichnete, lag in der Lebendigkeit seines Denkens. Das Vergnügen am Andersmachen, das Herausfinden von Widersprüchlichkeiten und der Wunsch, Antworten auf die Frage zu finden, wie man die Wirklichkeit gesellschaftlich und politisch verändern könne, gehören wohl zu den wichtigsten Charaktereigenschaften des „Anstifters“. So war auch das Lebensmotto des im August 1992 verstorbenen Kurt A. Körber: „Fange nie an aufzuhören, höre nie auf anzufangen.“ Anne Bruch

Foto: „Mein Feld ist die Welt“: Dieses Wort Albert Ballins trifft auf Kurt A. Körber zu:


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