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05.09.09 / Kardinal intern / Ein Porträt Joachim Meisners

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-09 vom 05. September 2009

Kardinal intern
Ein Porträt Joachim Meisners

An ihm scheiden sich die Geister: Kardinal Joachim Meisner ist immer wieder gut für Aussagen, die auch die „Bild“-Zeitung begierig aufgreift. Seine selbst für manche Katholiken konservativen Aussagen zu Themen wie Ökumene, Abtreibung, Familie und Kultur reizen zum Widerspruch.

WDR-Reporterin Gudrun Schmidt hat den Kölner Kirchenmann eine Woche lang begleitet. „Sieben Tage mit dem Kardinal“ heißt das hierauf basierende Buch. An einem Montag startete sie ihre Visite im Erzbischöflichen Haus in der Kardinal-Frings-Straße und lernte als erstes die vielen Frauen im Leben des Katholiken kennen. Neben zwei Sekretärinnen und der Frau seines Chauffeurs Roman Dolecki sind die Ordensschwestern Radegundis und Ingridis die bestimmenden weiblichen Kräfte am Arbeitsplatz des Kardinals. Der gebürtige Breslauer hat sich, als er 1989 von Berlin nach Köln versetzt wurde, die beiden Schwestern aus dem Kloster Leschnitz in der Nähe des Anaberges, dem berühmten Wallfahrtsort der Oberschlesier, an seine Seite gewünscht. Die beiden alten Damen bringen mit ihren Kochkünsten dem Kardinal seine Heimat etwa in Form von Mohnkuchen näher.

Schmidt präsentiert dem Leser einen sympathischen Kardinal, der aufgeschlossen für die Welt seiner geistlichen Arbeit nachgeht. Sie begleitet ihn bei Bürgerbesuchen, bei Predigten, bei Reisen, Konferenzen und Bürotätigkeiten. Ob Bitte um die Unterstützung für ein Dritte-Welt-Projekt oder Beschwerden, weil ein Pfarrer eine Freundin hat, all dessen nimmt sich der Kardinal oder der ihm unterstellte Pfarrer Boss an. Stets dabei Chauffeur Dolecki, der den Kirchenmann über die neuesten Nachrichten aus aller Welt informiert.

Über 45 Jahre Erfahrung im Predigen hat Joachim Meisner inzwischen, doch stets schreite er neu ans Werk. Allenfalls Zitate lässt er sich von Pfarrer Boss aus Büchern heraussuchen oder im Internet ergoogeln, teilt Gudrun Schmidt mit.

Die Sympathie, die die Autorin für den 1933 geborenen Bischof empfindet, ist spürbar, und auch dem Leser wächst Meisner ans Herz. Seine Begeisterung für seine Arbeit am Reich Gottes auch nach so vielen Berufsjahren fasziniert. Gleichzeitig reizt seine Einstellung zu bestimmten Themen zum Widerspruch. Seine Herleitung, warum Gott Humor habe, ist eine kleine interpretatorische Meisterleistung. Wenn es allerdings darum geht, zu erklären, warum ein evangelisch-katholisches Ehepaar nicht gemeinsam das Abendmahl (die Eucharistie) einnehmen darf, dann zeigt er weniger Phantasie in der Glaubensauslegung. Solche Ecken und Kanten sind jedoch wieder vergessen, wenn der Kardinal von seinen Besuchen beim Papst berichtet und mit der Autorin durch die Straßen Roms schlendernd erzählt, wie sehr er Eis liebt. So habe der Gründer von „Kirche in Not“, Pater Werenfried van Straaten, dem jungen Bischof aus der DDR seinen Wunsch, sich einmal an Eis satt zu essen, erfüllt. Auch die Geschichte, als er in Pantschowa nahe Belgrad das inzwischen mit einer Tankstelle überbaute Massengrab suchte, in dem sein 1945 gefallener Vater beerdigt wurde, rührt an.

Schmidt hat mit „Sieben Tage mit dem Kardinal Joachim Meisner“ ein beschaulich-buntes Buch über den Kirchenmann vorgelegt, das von der Nähe der Autorin zu dem von ihr Porträtierten lebt.         Bel

Gudrun Schmidt: „Sieben Tage mit dem Kardinal Joachim Meisner, Erzbischof von Köln“, J. P. Bachem, Köln, geb., 144 Seiten, 19,95 Euro


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