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12.09.09 / Russki-Deutsch (34): Panje

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-09 vom 12. September 2009

Russki-Deutsch (34):
Panje
von Wolf Oschlies

Als „Russki-Deutsch“ vor 34 Wochen startete, wünschte die Redaktion, ich solle Seitenblicke auf Polnisch (und andere slawische Sprachen) werfen. Anfangs akzeptierte ich das widerstrebend, war aber bald dankbar für den Tipp: Die sprachliche Verwandtschaft der Slawen drückt sich auch im deutschen Reflex aus.

Dabei kommen mitunter die witzigsten Wortschöpfungen zustande, von denen niemand weiß, woher und aus wessen Phantasie sie entsprungen sind. Das Paradebeispiel dafür ist der Wortstamm „Panje“, der uns aus Bildungen wie „Panjepferd, Panjewagen, Panjeschnaps“ etc. geläufig ist. Das alles klingt sehr slawisch, zunmal „pan“ im Polnischen und Tschechischen „Herr“ bedeutet. Ver- rückt ist jedoch, dass der westslawische „pan“ bei Russen im Rufe eines großmäuligen Angebers steht, während alle deutschen Wörter mit „Panje-“ sich auf Russisches beziehen und ein „Rüchlein“ von Primitivität ausdrücken.

Zum Glück gibt es den „Feldgrauen Büchmann“, das Wörterbuch des deutschen Soldatenjargons, das Gustav Hochstetter 1916 veröffentlichte. Aus diesem Buch wird klar, dass „Panje-“ ein deutscher Pseudorussizismus ist, erdacht im Ersten Weltkrieg zur Bezeichnung russischer Fuhrwerke, die von „Panjepferden“ gezogen wurden, genügsamen und kräftigen Tieren. Ihre Zuchtmerkmale waren etwas unklar und bald wurden sie vom verwandten „Konik polski“ (polnischen Pony) fast gänzlich verdrängt. Auch andere Begriffe verloren sich: „Panje Russki“ (Russe), „Edelpanje“ (russischer Adliger), „Panje-Frau“, „Panje-Kinder“, „Panje-Haus“, „Panje-Brot“ und den „Gurgelpanje“, die Bezeichnung für russische Mörsergeschosse.

Diese Lexik war später selbst Erich Honecker geläufig, der in seiner Autobiographie etwas abfällig über sowjetischen „Fortschritt“ urteilte: „Kein Wunder also, dass ein halbes Jahr später die Panjewagen immer noch das Moskauer Straßenbild beherrschten.“ Schriftsteller Günter Kunert erinnerte sich am 28. April 2005 im WDR an das Kriegsende: „Und dann kam drei, vier Tage später, nach den ersten Russen der Tross, niedrige Panjewagen, da saß irgendein Großvater drauf mit einem Bart, aber in sowjetischer Uniform, und von diesen Panjewagen gab es irrsinnige Mengen.“


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