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12.09.09 / Zwischen Renaissance und Barock / Das Zeughaus in Danzig wurde nach neun Jahren Bauzeit vor 400 Jahren fertiggestellt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-09 vom 12. September 2009

Zwischen Renaissance und Barock
Das Zeughaus in Danzig wurde nach neun Jahren Bauzeit vor 400 Jahren fertiggestellt

Bevor Anton von Obbergen (1543–1611) 1586 nach Danzig berufen wurde und die Pläne für das Große Zeughaus schuf, wurde er als Baumeister des Schlosses Kronborg auf der dänischen Insel Seeland bekannt. Als Schauplatz von Shakespeares Drama „Hamlet“ ging es in die Weltgeschichte ein.

Das Danziger Zeughaus wurde gemäß neuesten Forschungen nach neunjähriger Bauzeit 1609 vollendet und gilt als schönstes Beispiel für den niederländischen Manierismus. Es trennt die so genannte Rechtstadt von der äußeren Stadt. Obbergen entwarf die Pläne für das aus kleinen roten holländischen Ziegeln gebaute einzigartige Haus. Die Westfassade zur Jopengasse zeigt zwei figurengeschmückte Giebel und reichen Bandschmuck. Die beiden Portale sind mit dem Danziger Wappen geschmückt. Skulpturen schufen der aus Gent zugezogene Wilhelm Barth d. Ä. und Abraham van den Blocke. Sie zeigen die Kriegsgötter Pallas Athene, Mars und Minerva. Das „Brunnenhäuschen“ war kein Brunnen, sondern eine ausgeklügelte Einrichtung, um Kanonenkugeln aus den Kellerräumen nach oben zu befördern. Die schlichte Ostfassade zum Kohlenmarkt (Theaterplatz) hat vier Giebel. Berstende Kanonenkugeln auf ihnen erinnern an die Wehrfunktion des Hauses.

In der vierschiffigen Halle lagerten Kanonen, in den oberen Stockwerken leichte Waffen und Rüstungen. Außerdem gab es im Zeughaus viele bewegliche Figuren wie etwa Mars in Begleitung seiner Soldaten. Wenn man den Saal betrat, stand Mars vom Thron auf, verbeugte sich und ließ sich wieder nieder. Ein anderes Beispiel war der Alte Schweizer mit einem Rapier (Fechtwaffe, Degen), der mit dem Kopf wackelte und mit seiner Muskete Feuer erzeugte.

Über dieses so friedlichen wie kriegerischen Zwecken dienende Gebäude schreibt der Kunsthistoriker von Holst: „Das meisterliche Bauwerk des Flamen Antoni von Obbergen, nicht mehr Renaissance und noch nicht Barock, hat im frühen 17. Jahrhundert weithin nach Ost und West gewirkt. Am Ort, wo es steht, bezeichnet es den höchsten Grad der Verfeinerung, den bürgerliche Art erreichen kann, ohne sich selbst aufzugeben.“

Obbergen baute auch das Altstädtische Rathaus in der Pfefferstadt, das den Krieg unbeschädigt überstand. Er war unter anderem beteiligt am Bau der Befestigungsanlagen, der neuen Wallanlagen der Festung Weichselmünde, um 1600 am Bau der drei Pfarrhäuser an der Katharinenkirche, einem Haus in der Pfefferstadt, der Bedachung des Stockturms und der Giebelgestaltung der Folterkammer, ferner des als Gewerkshaus geplanten Bürgerhauses in der Frauengasse, später Haus der Naturforschenden Gesellschaft, auf dem dann die Sternwarte errichtet wurde. Er zeichnete auch verantwortlich für die künstlerische Ausstattung des Rechtstädtischen Rathauses.

Hans Strakowski (Strachwitz) war der Baumeister des Großen Zeughauses. Er ist seit 1595 in Danzig belegt und starb dort 1640. Er erbaute auch 1624 das Leegetor und 1628 das Langgarter Tor und war an der Restaurierung des Stockturms, der Peinkammer und des Königsspeichers beteiligt. Sein Sohn Georg (* 1614) erbaute von 1643 bis 1645 das Kleine Zeughaus am Wallplatz. Entwürfe zur Befestigung von Hagels- und Bischofsberg stammen auch von ihm.

Im März 1945 wurde das Große Zeughaus ein Raub der Flammen. Der Wiederaufbau war schon 1950 abgeschlossen. Wie zur Freistaatzeit existiert heute wieder eine Passage zwischen Kohlenmarkt und Großer Wollwebergasse mit exquisiten Geschäften. In den oberen Räumen hat die Staatliche Kunstschule ihren Einzug gehalten.         Dieter W. Leitner

Foto: Zeughaus in Danzig (Ostfassade): Der bedeutendste Bau der Spätrenaissance an der Ostsee wurde 1609 fertiggestellt.


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