19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
19.09.09 / Noch steht der Zeitplan / Doch der Streit um die Auftragsvergabe könnte das Projekt Stadtschloss erneut verzögern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-09 vom 19. September 2009

Noch steht der Zeitplan
Doch der Streit um die Auftragsvergabe könnte das Projekt Stadtschloss erneut verzögern

In einem Jahr sollte es losgehen mit dem Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses als „Humboldtforum“. Bis  Anfang Dezember wollen die Richter klären, ob daraus etwas werden kann.

Die Wiedererrichtung des Hohenzollernschlosses im Herzen der Hauptstadt droht derzeit in ein nicht so heiteres Jahresraten auszuarten. Der Abriss des Palastes der Republik hatte sich zunächst aufgrund der Asbestbelastung ständig verzögert, so dass schließlich von einem Baubeginn erst im Jahr 2012 ausgegangen wurde.

Dann, Ende vergangenen Jahres, schien das ewige Warten ein Ende zu nehmen: Nachdem die Jury des Architektenwettbewerbes zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses den Entwurf des Italieners Francesco Stella  einstimmig zum Sieger erklärt hatte, ging alles plötzlich ganz schnell. Als Baubeginn war nun bereits Herbst 2010 avisiert.

Zu früh gefreut? Seit einigen Tagen mischen sich erneut Zweifel in die Euphorie – sowohl am Bautermin wie am italienischen Auftragnehmer. Grund ist ein vom Architekten Hans Kollhoff angestrengtes Nachprüfungsverfahren. Im Ergebnis dessen hat das Bundeskartellamt in Bonn vergangene Woche die Vergabe des Planungsauftrags für das 552 Millionen Euro teure Projekt an Stella für nichtig erklärt, da diese gegen diverse Vorschriften verstoße.

Das Bundesbauministerium – gegen dessen Vergabepraxis Kollhoff vorgegangen war – hatte mit der Firma „Franco Stella Berliner Schloss Humboldt Forum Projektgemeinschaft“ den Vertrag für die Wiedererrichtung des Schlosskörpers nach Vorgabe des Stella-Entwurfs geschlossen. In dem nun ergangenen Beschluss fordert die 3. Vergabekammer des Bundes, „das Vergabeverfahren nach der Preisgerichtsentscheidung zu wiederholen“. Hiergegen, so hat das von Wolfgang Tiefensee (SPD) geführte Bundesbauministerium angekündigt, werde die Behörde umgehend eine gerichtliche Überprüfung durch das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf veranlassen. Schließlich seien die Planungen bereits deutlich vorangeschritten. Mit einem – dann zumindest letztinstanzlichen – Urteil des OLG dürfte bis spätestens Anfang Dezember zu rechnen sein. Sollten die Richter den Spruch der Vergabekammer bestätigen, wäre das Bundesbauministerium zudem verpflichtet, die Teilnahmeberechtigung des Preisträgers anhand aussagekräftiger Dokumente zu überprüfen.

Welch unabsehbare Folgen dies – mit möglichen Schadenersatzforderungen und Zeitverzögerungen – haben dürfte, ist offensichtlich. Zu den beanstandeten Punkten gehört die Konstruktion der von Stella gegründeten Bürogemeinschaft mit den renommierten Büros „Gerkan, Marg und Partner“ (gmp) sowie „Hilmer, Sattler, Albrecht“ die an dem Wettbewerb ebenfalls teilgenommen hatten, aber in einem früheren Stadium ausschieden. Moniert wird, dass Architekt Stella nur mit einem Drittel an der von ihm gegründeten Firma beteiligt ist. Zudem führe er auch nicht deren Geschäfte. Überdies sei „die Leistungsfähigkeit unter dem Aspekt einer erfolgreichen Zusammenarbeit problematisch“, argumentiert die Vergabekammer. So wird berichtet, dass es unter den an der Firma beteiligten Architekten zu Auseinandersetzungen gekommen sei, unter anderem um die Honorare.

Fragwürdig an der Firmenkonstruktion sei auch der Umstand, dass die beiden deutschen Partner von Stella ihren eigenen Unternehmen wiederum Aufträge erteilen könnten, da gmp sowie Hilmer und Sattler zugleich als „Subunternehmer“ tätig werden sollten.

Angezweifelt wird nicht zuletzt, ob Stella überhaupt die Teilnahmevoraussetzungen für den Wettbewerb erfüllt habe. So gehörte zu den Bedingungen, dass die Kandidaten in den vorangegangenen drei Jahren mindestens einen Umsatz von 300000 Euro gemacht oder aber mindestens vier Mitarbeiter beschäftigt haben mussten. Stella hatte letzteres erklärt. Der Bauherr des Schlosses, das Bundesbauministerium, bestreitet hingegen, zu einer Prüfung von Stellas Angaben verpflichtet gewesen zu sein. Die „Ehrenerklärungen“ der beteiligten Architekten in Frage zu stellen, hätte der seit Jahrzehnten gängigen Praxis widersprochen.

Für Stellas Verteidigung spricht indes der Blick auf vergleichbare Projekte. So hatten auch im Fall der Reichstagskuppel oder des Bundeskanzleramts die jeweiligen Architekten, Norman Foster und Axel Schultes für die Realisierung ihrer Aufträge auf Partner zurückgreifen müssen. Gleiches gilt für den Bau der Elbphilharmonie in Hamburg, wo das Büro der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron mit einem Partnerbüro in der Hansestadt zusammenarbeitet.

Überdies scheint die Vergabe des Planungsauftrags an Stella deswegen zwingend, weil er – nach einstimmigem Votum – als unangefochtener Sieger aus dem Wettbewerb hervorgegangen war. Nicht zufällig hatte das Preisgericht statt eines zweiten Preises nur mehrere dritte Preise vergeben, darunter für die Entwürfe von Hans Kollhoff und dem Büro Kleihues + Kleihues.

Dass in die Auftragsvergabe eines Schlossbau-Projektes nun ausgerechnet, wie auch gefordert, die unterlegenen Kontrahenten des siegreichen Entwurfes eingebunden werden sollen, erscheint dem Betrachter von außen nicht gerade sinnvoll. So gilt es vorerst, wieder einmal abzuwarten – eine Tugend, die im Falle des Berliner Stadtschlosses die meisten schon verinnerlicht haben dürften.      Peter Westphal


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren