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19.09.09 / Steinmeiers schwarz-gelber Popanz / Die SPD wirbt um Desinteressierte, denen sie viel erzählen kann – Beispiele Gorleben und »Kinderrechte«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-09 vom 19. September 2009

Steinmeiers schwarz-gelber Popanz
Die SPD wirbt um Desinteressierte, denen sie viel erzählen kann – Beispiele Gorleben und »Kinderrechte«

Der Wahlkampf hat auch durch die beiden Fernsehdiskussionen kein zündendes Thema gefunden. Weder das Duett Merkel/Stein-meier noch das Trio Westerwelle/ Trittin/Lafontaine konnten entscheidende Impulse setzen. Auffällig ist dabei, welche Themen überhaupt diskutiert und welche ignoriert werden.

Am Anfang war die Krise und ihre Bewältigung, und danach kommt lange nichts, allenfalls ein bisschen Gesundheit, ein bisschen Steuerpolitik. Worin unterscheiden sich die beiden großen politischen Kräfte des Landes, die früheren Antipoden Union und SPD? In nicht sehr viel nach vier Jahren großer Koalition, ist die Antwort. Der Bürger wird zu den Urnen gerufen, aber er hat keine klare Alternative vor Augen.

Bundeskanzlerin Merkel etwa: Die stellt sich selbst ein gutes Zeugnis aus für vier Jahre Schwarz-Rot – für sie selbst natürlich folgerichtig. Inhaltliches Profil zeigt sie bewusst wenig, nach den Erfahrungen des Wahlkampfs 2005, als sie von Schröders SPD als unsoziale Kaltmamsell dargestellt wurde. Dabei gerät in Vergessenheit, dass die CDU ja eigentlich durchaus für Inhalte steht oder stehen sollte.

Merkel aber wechselt zwischen Allgemeinplätzen und Einzelheiten und artikuliert nur wenig den bürgerlichen Grundansatz von Politik, den grundsätzlichen Unterschied zwischen dem konservativen, mittelständisch geprägten, freiheitlichen Leistungsprinzip mit Unterstützung der Schwachen einerseits und andererseits dem sozialdemokratischen Umverteilungsprinzip mit möglichst staatsnahen Großkonzernen als Erbringer des Geldes, das man als Wohltaten unters Volk bringen will. Das Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft hat sich bei Merkel vielfach zur verbalen Reminiszenz an Ludwig Erhard verflüchtigt.

Umgekehrt Frank-Walter Steinmeier: Der hat offensichtlich keine Themen, um Wähler hinter dem Ofen hervorzulocken. Daher baut er einen Popanz auf und zeichnet Schwarz-Gelb als fürchterlichen, die „Armen“ verschlingenden Leviathan. „Negative Campaigning“ nennen das die Fachleute, „schlechtmachen“ der Volksmund. Dass das alles nicht stimmt, weiß Steinmeier natürlich genausogut wie alle, die sich auch nur ein bisschen für Nachkriegsgeschichte interessieren. Nicht umsonst nannte der kürzlich verstorbene Soziologe Ralf Dahrendorf das 20. Jahrhundert auch das „Jahrhundert der Sozialdemokratie“ – und das trotz 36 Jahren CDU-Kanzlerschaft nach 1949.

Ein weiteres Element dieses Negative Campaigning der SPD, die vor allem mit Beschimpfungen des Gegners, Unterstellungen und Schreckgespenstern arbeitet, ist die Atomkraft: Steinmeier tut wider besseres Wissen so, als wäre die – ökonomisch ebenso wie ökologisch gebotene – Verlängerung der Laufzeit der deutschen Kernkraftwerke die Vorstufe zur Apokalypse. Umweltminister Sigmar Gabriel, der sich schon als künftiger SPD-Fraktionschef sieht, wenn Steinmeier und Müntefering infolge der erwarteten Wahlniederlage abtreten müssen und der gern die „Rampensau“ à la Schröder gibt, entdeckt ganz zufällig drei Wochen vor der Wahl ein Telex von 1983, mit dem er nun phantasiert, Gorleben sei nur aufgrund von Manipulationen der Regierung Kohl in die Rolle eines Erkundungsbergwerks für ein Endlager gezwungen worden. In Wirklichkeit haben sich damals mehrere Standorte beworben, ebenso wie um die geplante WAA, aber das verschweigt Gabriel lieber. Dieser Negativwahlkampf zielt auf die Emotionen eines desinteressierten Publikums, dem man daher auch große Bären aufbinden kann.

Interessant auch, welche Themen umgangen werden. Die Familienpolitik etwa: Hier könnte die Union doch noch manche bürgerlichen Akzente gegen die Staats-Erziehungspolitik der SPD setzen – allein die bayerische CSU tut es tatsächlich, indem sie das von linker Seite umgehend als „Herdprämie“ diffamierte Betreuungsgeld durchgesetzt hat. Angesprochen werden könnten auch die Pläne von SPD-Justizministerin Brigitte Zypries, sogenannte „Kinderrechte“ ins Grundgesetz zu schreiben. Was zunächst angesichts wiederkehrender Fälle von Verwahrlosung und Missbrauch vernünftig klingt, ist tatsächlich unmittelbar gegen die Familie gerichtet: Denn nur der Staat kann derartige Rechte gegen die unter Generalverdacht gestellten Eltern wahrnehmen. In der Praxis sind diese Kinderrechte Staatsrechte.

Ein weiteres Thema, das bis zum brutalen S-Bahn-Mord von München verschwiegen wurde, ist die Innere Sicherheit. Aus taktischen Erwägungen hat die Union es unterlassen, über eine ihrer größten Stärken im Wahlkampf überhaupt zu reden (siehe Seite 2). Die CSU fördert schon lang die Polizeipräsenz auf den Straßen  und fordert, Mörder und Gewaltkriminelle im Alter zwischen 18 und 21 regelmäßig nach Erwachsenen-Strafrecht abzuurteilen. Doch Verharmloser und Gutmenschen, vor allem bei SPD, FDP und Grünen, warnen vor „Vorverurteilungen“ und „Überreaktionen“. Dabei hätte der Münchner S-Bahn-Mord wohl verhindert werden können, wenn zumindest einer der Täter – ein notorischer, von diversen Jugendrichtern aber bislang immer sehr milde behandelter Mehrfachtäter – früher und härter bestraft worden wäre.

Der grüne Innenpolitiker Jerzy Montag ging jetzt sogar so weit, der CSU eine „klammheimliche Freude“ über den brutalen Mord zu unterstellen. Eine bemerkenswerte Geschmacklosigkeit angesichts eigener Versäumnisse, vor allem aber angesichts der unfassbaren Brutalität der beiden 17- und 18-jährigen Totschläger.         Anton Heinrich


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