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19.09.09 / Revolution von oben / Das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte widmet sich dem legendären Reformer von Hardenberg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-09 vom 19. September 2009

Revolution von oben
Das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte widmet sich dem legendären Reformer von Hardenberg

Karl August Fürst von Hardenberg war neben dem Reichsfreiherrn vom und zum Stein der bedeutendste Staatsmann unter den preußischen Reformern. Nun widmet das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam Preußens Außenminister und späterem Staatskanzler eine Sonderausstellung.

Als zentrales Projekt im Rahmen von Kulturland Brandenburg 2009 „Freiheit. Gleichheit. Brandenburg. Demokratie und Demokratiebewegungen“ findet bis zum 8. November 2009 im HBPG die Ausstellung „Revolution von oben! Preußens Staatskanzler Karl August von Hardenberg“ statt. Die Ausstellungstafeln sind als Wanderausstellung konzipiert und werden parallel bis zum 31. März kommenden Jahres zunächst ebenso im Schloss Branitz bei Cottbus gezeigt und später noch an weiteren Orten von Hardenbergs Wirken.

Das ehrgeizige Projekt ist die erste Ausstellung überhaupt, die sich umfassend Preußens erstem modernen Politiker widmet. Staatsreformer von historischer Bedeutung, Liebling der Frauen, gewandter Diplomat, verschwenderischer Lebemann – die Eröffnungs-Schau in Potsdam macht mit einer Vielzahl originaler Kunstwerke und Dokumente aus Museen, Archiven und Privatbesitz das facettenreiche Lebensbild des Karl August von Hardenberg anschaulich. Geschichtszeugnisse von europäischer Bedeutung, wie die Schlussakte des Wiener Kongresses von 1815, dokumentieren zudem die einzigartige Persönlichkeit und Rolle des Staatsmannes ebenso wie erlesene Staatsgeschenke, die hier erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Drei Jahrzehnte lang, vom Beginn der Französischen Revolution 1789 bis zum Sieg der Reaktion 1819 mit dem Erlass der Karlsbader Beschlüsse, war Karl August von Hardenberg (1750–1822) die zentrale Persönlichkeit der preußischen Politik. Epochale Bedeutung erlangte der „liberal-despotische Liederjan“ (Friedrich Wilhelm IV.) als Staatsreformer. Sein Leitbild des modernen Verfassungsstaats nahm Entwick­lungen der bürgerlichen Gesellschaft des 19. und 20. Jahrhunderts vorweg. Allerdings ohne auf die angestammte Staatsform zu verzichten, wie er 1807 aus­drück­lich betonte: „Demokratische Grundsätze in einer monarchischen Regierung: Dieses scheint mir die angemessene Form für den gegenwärtigen Zeitgeist. Die reine Demokratie müssen wir noch dem Jahre 2440 überlassen, wenn sie anders je für den Menschen gemacht ist.“

Die Ausstellung folgt in 13 Kapiteln Hardenbergs Lebensweg, zeigt seinen politischen Aufstieg wie sein Scheitern, stellt Mitstreiter und Gegenspieler vor, illustriert aber auch sein Privatleben mit Leiden und Leidenschaften, Ehefrauen und Liebschaften.

Seine Laufbahn begann Hardenberg als Verwaltungsjurist in hannoverschen und braunschweigischen Diensten, bevor er ab 1791 als „Vice-König“ von Franken die neue preußische Provinz zu einem Musterland formte. Dieser Erfolg ebnete ihm den Weg in die große Politik und schließlich in das Amt des preußischen Außenministers, das er ab 1803 bekleidete. Nach der preußischen Niederlage im Vierten Koalitionskrieg von 1806/07 erzwang Napoleon zunächst die Entlassung seines erklärten Feindes.

Hardenberg ging ins Exil und formulierte dort seine Vorstellungen über die künftige Politik und Verwaltung Preußens. In seiner „Rigaer Denkschrift“ von 1807 legte er einen Neuentwurf für das preußische Staatswesen vor, mit dem politischen Ziel einer „Revolution im guten Sinn“ – durch die Abschaffung ständischer Vorrechte, die Einführung der Gewerbefreiheit, die Aufhebung der Erbuntertänigkeit und die Idee einer „Nationalrepräsentation“.

Mit der Ernennung zum Staatskanzler erlangte Hardenberg 1810 schließlich eine politische Ausnahmeposition, die es ihm ermöglichte, die von Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein eingeleiteten Reformen von Staat und Gesellschaft gewissermaßen als „Revolution von oben“ fortzusetzen. Hardenberg 1811: „Das neue System, das einzige, wodurch Wohlstand begründet werden kann, beruht darauf, dass jeder seine Kräfte auch frei entwickeln und benutzen könne, ohne durch die Willkür eines anderen daran behindert zu werden.“

Viele seiner Reformen blieben jedoch Stückwerk. Auch Hardenbergs bemerkenswerten Anstrengungen, Preußen eine Verfassung zu geben, blieb zu seinen Lebzeiten der Erfolg verwehrt. Und das trotz der langen Amtszeit des Staatskanzlers, die bis zu seinem Tode währte. Ab den Karlsbader Beschlüssen 1819 schwand allerdings sein Einfluss und seine im selben Jahr entworfene land­ständische Verfassung wurde nicht mehr in Kraft gesetzt.

Ein eigenes Kapitel widmet die Ausstellung den familiären Verbindungen. Hardenberg war in erster Ehe mit der dänischen Gräfin Christiane Friederike Juliane von Reventlow verheiratet. Aus dieser Ehe stammte die Tochter Anna Lucie Wilhelmine Christine, die sich 1817 mit Hermann von Pück­ler-Muskau vermählte. Zwischen Hardenberg und seinem Schwiegersohn entspann sich eine umfangreiche Korrespondenz, die in großen Teilen erhalten blieb. Im Branitzer Park widmete Hermann von Pückler-Muskau seinem Schwiegervater einen eigenen kleinen Garten, der mit einer Büste Hardenbergs von Christian Daniel Rauch geschmückt war. Aus Anlass der Ausstellung präsentiert die Branitzer Fürst-Pück­ler-Stiftung erste Ergebnisse der Wiederherstellung des Hardenberg-Gartens.      Helga Schnehagen

Nähere Informationen über die Ausstellung einschließlich Begleitprogramm erteilt das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Kutschstall, Am Neuen Markt 9, 14467 Potsdam, Telefon (0331) 62085-50, Fax -59, E-Mail: info@hbpg.de


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