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26.09.09 / Tod durch Ausrüstungsmängel / 81 Prozent der Polen gegen Afghanistan-Einsatz – Politiker dafür

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-09 vom 26. September 2009

Tod durch Ausrüstungsmängel
81 Prozent der Polen gegen Afghanistan-Einsatz – Politiker dafür

Nicht nur in Deutschland wird der Afghanistan­einsatz wieder intensiv dis­kutiert, auch in Polen bewegt die Frage nach seinem Sinn die Gemüter. Immer mehr Soldaten müssen ihr Leben in dem Konflikt lassen, immer unsicherer erscheint die Situation am Hindukusch und immer fragwürdiger der ganze Einsatz.

Als Mitte August der zehnte polnische Soldat während eines Gefechts gegen die Taliban fiel, entbrannte eine heftige Diskussion über die polnische Beteiligung. Zunächst schien die Berichterstattung über Beileidsbekundungen von Seiten der Regierung nicht hinauszugehen. Doch dann forderte Verteidigungsminister Bogdan Klich erneut eine Aufstockung des polnischen Kontingents von 2000 auf 2200 Soldaten. Die Ereignisse überschlugen sich, als dann auch noch von unerwarteter Seite Kritik an dem Einsatz laut wurde: Ausgerechnet der Oberbefehlshabers der polnischen Landstreitkräfte äußerte Bedenken. In einem Interview mit der Tageszeitung „Dziennik“ sprach General Waldemar Skrzypczak über die katastrophale Ausstattung der Truppen. Man sei nicht genügend gerüstet für solch einen Krieg, denn ein „Friedenseinsatz“ sei es schon lange nicht mehr. Weiter berichtete der ranghohe Militär, dass Waffen immer wieder von seinen Einheiten angefordert worden seien, aber offensichtlich von der Verwaltung des Verteidigungsministeriums nicht entsendet wurden. Skrzypczak deutete auch an, dass der Tod eines anderen gefallenen Soldaten hätte verhindert werden können.

Wie eine Bombe schlugen die Worte des Generals, die ja indirekt die Regierung anklagen, Polens Soldaten durch mangelnde Ausrüstung in Gefahr zu bringen, ein. Vor allem Verteidigungsminister Klich wollte solch skandalöse Bemerkungen über sein Ressort nicht auf sich sitzen lassen. Doch bevor Skrzypczak zur Rechenschaft gezogen werden konnte, nahm der 53-Jährige selbst seinen Hut, nochmals betonend, er stehe zu seinen Aussagen. Aber die Amtsniederlegung des Generals und die Beteuerung von Ministerpräsident Donald Tusk, weitere Waffen in den Hindukusch zu schicken, beruhigten die Gemüter nicht. Immer mehr Experten äußerten sich über den schlechten Zustand der polnischen Streitkräfte und den Sinn des Afghanistan-Einsatzes. Die Presse fing an, über Konsequenzen für Klich zu spekulieren.

Bisher jedoch plant die Regierung nicht den Abzug der Truppen. Im Gegenteil: der Afghanistaneinsatz ist womöglich der einzige Punkt, bei dem sich Premierminister Tusk und Präsident Lech Kaczynski einig sind. Noch kürzlich betonte der Präsident in einer Rede, dass die Erfüllung des Afghanistan-Einsatzes für Polen, als Nato- und EU-Mitglied und als wichtigem Partner der Vereinigten Staaten absolut notwendig sei. Im Gegensatz zur Regierung sieht die Bevölkerung aber keinen Sinn in dem vermeintlichen Friedenseinsatz: 81 Prozent der Polen dagegen. Der Anteil der Gegner des Einsatzes am Hindukusch ist seit Juni sogar um über 20 Prozent gestiegen.

Bisher schien die Meinung im Volk die Regierung wenig zu interessieren, doch nun kündigte Ministerpräsident Tusk ein Treffen mit Präsident Kaczynski an, um über einen „Strategiewechsel“ zu diskutieren. Der nahende Wahlkampf um das Präsidentenamt, das Tusk anstrebt, dürfte dessen Meinungsumschwung mit erklären.      Anna Gaul


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