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26.09.09 / Spitze des Eisbergs

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-09 vom 26. September 2009

Spitze des Eisbergs
von Konrad Badenheuer

Ohne rechtliche Verpflichtung hat die HSH Nordbank im Herbst 2008, noch in der heißen Phase der Weltfinanzkrise, dem konkurrierenden Kreditinstitut Goldman Sachs 45 Millionen Dollar überwiesen. Einfach so, aus Gefälligkeit. Jeder übersieht doch mal eine Frist bei der Anmeldung eines Versicherungsschadens, wer wollte da so kleinlich sein?

Oder doch nicht einfach so, sondern weil Goldman Sachs drohte, andernfalls Gerüchte über die drohende Zahlungsunfähigkeit der HSH Nordbank zu streuen? Allen Erstens erzählen uns Vertreter der HSH, man sei ob dieses (behaupteten) Vorgehens nicht zum Staatsanwalt gegangen, sondern habe überwiesen. Eine prima Idee für künftige Erpesser: Meine Forderung ist zwar unbegründet, aber wenn Du nicht zahlst, streue ich das Gerücht, Du wärst pleite!

Im Ernst: Was wollen deutsche Banken der deutschen Öffentlichkeit eigentlich noch zumuten? Welche Ausrede ist ihnen primitiv genug? Der Bürger weiß ja, dass die Mächtigen der Finanzwelt ihn verachten – aber müssen sie es so offen zeigen?

Dass Hamburgs SPD-Fraktionschef Michael Neumann nun ohne Widerspruch der CDU von einer „Peinlichkeit“ gesprochen hat, macht die Sache nur noch schlimmer. Was heißt da peinlich? Über peinliche Vorgänge geht man gewöhnlich mit Schweigen hinweg, wechselt schnell das Thema. Welche Rückschlüsse würden wir alle ziehen, wenn beispielsweise in einem Land mit für jeden sichtbarem Drogenelend jahrelang kein Drogenboss mehr verurteilt werden wäre, zufällig doch mal einer auffliegt und dann ein prominenter Politiker erklären würde, das sei nun aber „peinlich“?

Soweit liegt die Realität von diesem Bild womöglich garnicht entfernt. Wolfgang Kubicki, der FDP-Chef von Schleswig-Holstein, hat nun erklärt, seine Fraktion sehe den Tatbestand der Untreue als erfüllt an, falls die Millionenüberweisung ohne Wissen des Aufsichtsrates erfolgt sei. Das war präzise formuliert: Im Aufsichtsrat ist auch die Politik vertreten. Mag ja sein, dass er nichts erfuhr, aber gerade dann wäre der Vorstand zu belangen. Kubicki weiter: „Die Hamburger Staatsanwaltschaft muss sich langsam die Frage gefallen lassen, ob ihre Untätigkeit rechtlich noch verantwortbar ist.“

Es darf daran erinnert werden, dass deutsche Staatsanwaltschaften politisch weisungsgebunden sind. Ist den Strafverfolgungsbehörden die klitzekleine Panne der Banker womöglich genauso „peinlich“ wie den Parteipolitikern?

Wie ungefährlich es für Banker ist, einfach mal so Millionensummen zu verschenken, zeigt das Beispiel der 320-Millionen-Überweisung der KfW-Bank an Lehman mehrere Stunden, nachdem in allen Medien über deren Pleite berichtet wurde. Die beiden verantwortlichen Vorstände wurden zwar gefeuert, klagten aber später Gehälter in Millionenhöhe ein. Im Sommer 2009 prüfte die Staatsanwaltschaft immer noch, ob sie gegen die beiden überhaupt ermitteln wollte.

Foto: Neuer Schatten über der maroden Landesbank im Norden: Die unsägliche 45-Millionen-Überweisung befremdet ebenso wie die nachgeschobenen Erklärungsversuche.


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