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26.09.09 / Der Beginn einer Weltmacht / Vor 60 Jahren entstand die Volksrepublik China – Von Anfang an auf dem Weg zur Supermacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-09 vom 26. September 2009

Der Beginn einer Weltmacht
Vor 60 Jahren entstand die Volksrepublik China – Von Anfang an auf dem Weg zur Supermacht

Am 1. Oktober 1949 trat Mao Zedong, der „Große Vorsitzende“ der Kommunistischen Partei Chinas, auf die Plattform oberhalb des „Tores zum Himmlischen Frieden“, das den Eingang bildet zur alten Kaiserresidenz in Peking (Beijing). Dort proklamierte er vor etwa 300000 Menschen, die pflichtschuldigst jubelten, die Gründung der Volksrepublik China.

„Die Chinesen, ein Viertel der Menschheit, haben sich erhoben!“, rief er aus. Die Menge schrie: „Lang lebe der Vorsitzende Mao!“, dieser wandelte etwas nervös auf der Plattform herum, ab und zu rief er in das Mikrophon: „Lang lebe das Volk!“

Das war’s. Bis zu seinem Tode im September 1976 bestieg er das „Tor zum Himmlischen Frieden“ nicht mehr, um längere Reden zu halten. Er war Zeit seines Lebens eher ein ideologisch gesteuerter Massenmörder als ein wirkungsvoller Redner.

Maos „Volksbefreiungsarmee“ war schon am 31. Januar 1949 in Peking eingezogen, nachdem sie im Bürgerkrieg ab 1946 den erheblich stärkeren Gegner, die nationalistisch-westlich ausgerichtete „Kuomintang“ und deren Generalissimus Tschiang Kai-schek aus dem Felde geschlagen hatte. Der Generalissimus war schon Ende April 1949 nach Taiwan entflohen. An der Fiktion eines einheitlichen chinesischen Staates hielten er und seine Nachfolger auf Taiwan unbeirrt fest, und Peking tut dies bis heute ebenfalls.

Die US-Amerikaner, die von Maos enger Verbindung mit der Sowjetunion Josef Stalins wussten und sich mit Moskau mittlerweile im „Kalten Krieg“ befanden, nahmen Taiwan unter ihren Schutz und quittierten die Proklamation vom 1. Oktober mit der diplomatischen Ächtung der neuen Volksrepublik, eine Übung, an der sie bis in die Amtszeit von Präsident Richard Nixon hinein festhielten.

Mit Maos Sieg war das kommunistische Lager anscheinend ungeheuer erstarkt. Doch Stalin war viel zu herrschsüchtig, um China etwas anderes als die Rolle des Juniorpartners zu gönnen, während Mao schon 1949 von chinesischer Weltmacht träumte.

In den Kampf der kommunistischen Viet Minh unter Ho Tschi Minh gegen die französische Kolonialmacht in Indochina mischte er sich mit Stalins Zustimmung ein. Nach dem Abzug der Franzosen blieb die chinesische Hilfe für Nordvietnam entscheidend, bis auch die Amerikaner ihr nachfolgendes, massives Engagement aufgeben mussten.

Den Koreakrieg (1950–1953) hat Mao auf Initiative des nordkoreanischen, kommunistischen Diktators Kim Il Sung mit starken Truppenmassen unterstützt, um Stalin auf eine Aufrüstung der „Volksbefreiungsarmee“ festzulegen. Im Westen befürchtete man damals sogar, Mao würde den Sowjets aus seinem unerschöpflichen Menschenreservoir Einheiten zur Verfügung stellen, um Westeuropa zu überrennen. Das wäre auf einen Dritten Weltkrieg hinausgelaufen, ausgehend von Kim Il Sungs Angriff auf Südkorea, zu einem Zeitpunkt, als Deutschland und Japan noch am Boden lagen und das westliche Lager noch nicht stärken konnten. Diese Wendung hätte dem neuen Machtkartell zwischen Moskau und Peking die Möglichkeit geboten, die (ebenso neue) Dominanz der USA auf eine gefährliche Probe zu stellen.

So weit kam es nicht, Korea wurde nicht unter roten Vorzeichen wiedervereint. Aber die USA nahmen die Herausforderung an. Sie beschleunigten den Einbau Westdeutschlands und Japans in ihre globalen Sicherheitsstrukturen und begründeten für Westasien den Cento- und für Südostasien den Seato-Pakt.

Mao seinerseits versuchte, während der Phase der Entkolonialisierung um 1960 weltpolitisch „im Trüben zu fischen“ und das Freiheitsbewusstsein der „Dritten Welt“ zu einem neuartigen revolutionären Kampf gegen den Westen hochzupeitschen. Das nannte er den Krieg des „Welt-Dorfes“ gegen die „Welt-Stadt“. Der Sowjetunion warf er unausgesetzt vor, sich eher mit den USA arrangieren zu wollen als sich zu ihrer revolutionären Erbschaft zu bekennen. Der Bruch mit Moskau im Jahre 1960 wurde daher unvermeidlich, für Peking allerdings auch schmerzlich, da die Sowjets ihre beträchtliche militärische und technische Hilfe abzogen.

Da hätten die USA als der lachende Dritte auftreten können, wenn sie sich nicht, beginnend schon mit Präsident John F. Kennedy, im Vietnamkrieg festgefahren hätten. China seinerseits taumelte ab 1966 in die interne Katastrophe der von Mao angezettelten „Kulturrevolution“. So musste man bis Präsident Nixon und dessen Ausstieg aus dem Vietnamdebakel warten, bis China seine Beziehungen zu den USA normalisierte. Sichtbares Zeichen dafür war, dass der ständige Sitz im Sicherheitsrat der Uno von Taiwan auf die Volksrepublik überging.

Bei aller internationalen Bedeutung war es China bis Maos Tod noch nicht gelungen, dem Lande den Status einer Weltmacht neben den USA und der Sowjetunion zu erringen. Das änderte sich erst ab 1978/80 unter Deng Xiaoping. Die KP brachte es fertig, einen gigantischen marktwirtschaftlichen Aufschwung einzuleiten und dennoch die politische Macht zu behalten, in der Erkenntnis, dass die ideologischen Experimente Maos die Entwicklung zur Weltmacht nur aufgehalten hatten.    Bernd Rill

Foto: Historischer Moment: Mao Zedong proklamiert am 1. Oktober 1949 die Volksrepublik China.


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