24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
26.09.09 / Hierarchie der Wahrheiten / Letzte Expedition von James Cook aus Sicht eines Malers

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-09 vom 26. September 2009

Hierarchie der Wahrheiten
Letzte Expedition von James Cook aus Sicht eines Malers

„Das ist nicht mein Mann!“ Mit dieser Reaktion hatte der Maler John Webber nicht gerechnet, als er im Februar 1781 in London der Witwe des Weltumseglers Kapitän James Cook das Porträt ihres Mannes überbringt. Warum die Frau des ermordeten Kapitäns mit ihrer Aussage Recht hat, erfährt der Leser des Romans von Lukas Hartmann gegen Ende des Buches.

In „Bis ans Ende der Meere“ schildert der Autor die dritte und letzte Reise des berühmten Pioniers der Seefahrt aus Sicht des Malers. Dabei bleibt Hartmann eng an der Biographie des Künstlers, der statt in seinem Geburtsland England in der Schweiz aufwuchs, da seine armen Eltern ihn aus Geldmangel zu einer Tante dorthin schickten. Dort entdeckte man schon früh seine Talente und seine Tante verschaffte ihm eine Ausbildung bei dem Landschaftsmaler Johann Ludwig Aberli. Auch ein Studium an der Académie Royale in Paris wurde ihm möglich gemacht. Als er dann 17 Jahre nachdem er seine Heimat verlassen musste, nach England zurückkehrte, war er ein gut ausgebildeter und inzwischen auch anerkannter Maler. Sein Talent kam auch jenen zu Gehör, die das Personal für die dritte Reise von James Cook zusammenstellten. Da Webber nichts zu verlieren hatte, nahm er das finanziell lukrative Angebot an.

Hartmann schildert, wie der Künstler mit den Gegebenheiten auf dem Schiff so manche Probleme hat. Nicht nur, dass ihn die Seekrankheit ereilt, auch die rauen Gesellen, mit denen er nun gut drei Jahre zusammen auf engsten Raum zusammenleben muss, widerstreben dem Eigenbrötler. Nur der Arzt und ein junger Seemann werden zu seinen Vertrauten.

Der Autor schildert manchmal direkt aus Sicht Webbers manchmal aber auch aus der Perspektive eines allwissenden Erzählers den Verlauf der Reise. Schnell wird offenbar, dass Webber keineswegs zu den Bewunderern Cooks zählt. Für ihn ist der Kapitän ein schwer durchschaubarer und auch kaltherziger Mann, weit entfernt von dem schillernden Helden, als der er der britischen Öffentlichkeit dargestellt wird. Doch noch früh genug muss Webber feststellen, dass seine Meinung nicht zählt. „Cook deutete ein unfreundliches Lächeln an. ,Auch bei äußeren Wahrheiten, Mr. Webber, gibt es in der Royal Navy eine Hierarchie. Über dem, was Sie und andere sehen, steht die Staatsräson, sie ist die notwendige Klammer, welche die individuellen Wahrheiten zusammenhält.‘“

Wie diese persönliche Wahrheit ausgesehen hat, weiß der Autor aus den Aufzeichnungen des Seemanns Heinrich Zimmermann. Im Gegensatz zu Webber fügte er sich  nicht dem Publikationsverbot der englischen Admiralität und veröffentlichte bereits 1781 in Deutschland seinen Reisebericht.

Hartmann entführt nun seinen Leser in die Südsee und die Arktis. Er beschreibt jene Orte, die die Reisenden vorfanden, die Zustände, die auf den beiden Schiffen der Cook-Expedition herrschten und geht dabei auch auf die Verbreitung von Geschlechtskrankheiten ein. Cooks grausames Ende durch die Hand aufgebrachter Insulaner verwundert am Ende nicht, es überrascht vielmehr, dass es erst gegen Ende der Reise eintritt.            Bel

Lukas Hartmann: „Bis ans Ende der Meere“, Diogenes, Zürich 2009, geb., 488 Seiten, 21,90 Euro


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren