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03.10.09 / Merkel muss sich bewähren / Überwindet die CDU ihre Sozialdemokratisierung? – Vor schwierigen Jahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-09 vom 03. Oktober 2009

Merkel muss sich bewähren
Überwindet die CDU ihre Sozialdemokratisierung? – Vor schwierigen Jahren

Deutschland hat gewählt: Eine schwarz-gelbe Mehrheit kann regieren, die Sozialdemokraten müssen eine historische Niederlage verarbeiten. LO-Sprecher Wilhem v. Gottberg analysiert die Folgen der Bundestagswahl.

Die CDU-Bundesvorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel und der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle haben ihr erhofftes und angestrebtes Wahlergebnis bekommen: Deutschland wird in der Wahlperiode 2009 bis 2013 von einer schwarz-gelben CDU/CSU/ FDP-Koalition regiert. Schwarz-Gelb wurde ausschließlich aufgrund des eindrucksvollen FDP-Erfolges (14,6 Prozent) ermöglicht.

Der neue starke Mann der schwarz-gelben Bundesregierung wird der zukünftige Bundesaußenminister und Vizekanzler Westerwelle sein. Das Abschneiden der Liberalen erlaubt es ihrem Bundesvorsitzenden, wichtige Anliegen der FDP in den Koalitionsvertrag hineinzubekommen. Westerwelle weiß, dass zumindest einige Wahlversprechen seiner Partei bis 2013 realisiert werden müssen, um nicht in vier Jahren wieder wie eine Sternschnuppe abzustürzen. Den freien Demokraten kommt es entgegegen, dass CDU und CSU aus der Wahl geschwächt hervorgegangen sind. Insbesondere die CSU wird das – man mag es bedauern – zu spüren bekommen. Die CSU-Landesgruppe wird im 17. Bundestag nur halb so stark sein wie die FDP-Fraktion. Da mag es sich noch als Glücksfall erweisen, dass CSU und FDP in Bayern in einer Koalitionsregierung verbunden sind. Das wird die Granden der beiden Parteien veranlassen, pfleglich miteinander umzugehen.

Die CDU hat den Kanzlerbonus nicht nutzen können, jedoch sind die Verluste der Partei durch das schlechte Abschneiden der CSU in Bayern zu erklären. Gleichwohl, das Wahlergebnis der CSU erlaubt die Aussage, dass die Kanzlerin und ihre Partei Nichtwähler, Wechselwähler und Erstwähler nicht hat überzeugen können. Das lässt für die Zukunft nichts Gutes erwarten.

Das desatsröse Abschneiden der SPD ist die eigentliche Überraschung des Wahltages. Ein Minus von über 11 Prozentpunkten und der Absturz auf 23 Prozent ist schlimm und hat bei den Mitbewerbern fast schon Mitleid erzeugt, bei den Postkommunisten allerdings Schadenfreude. Die SPD wird nun schon einige Jahre dafür abgestraft, dass sie mit der Agenda 2010 im Jahre 2003 den dringend erforderlichen Rückschnitt des ausgeuferten Sozialstaates vorgenommen hat. Dies hätte schon unter der Kanzlerschaft Kohls geschehen müssen, doch den C-Parteien magelte es an Mut und Verantwortungsbewusstsein.

Den SPD-Verantwortlichen wird die Erkenntnis kommen müssen, dass ihr Wahlkampf verfehlt angelegt war. Eine Wahl ist mit ausschließlich destruktiver Polarisierung nicht zu gewinnen. Angstmachen vor Schwarz-Gelb, das war die Leitlinie des SPD-Wahlkampfes: Die Schwarz-Gelben werden neue Kernkraftwerke bauen, sie bereiten den sozialen Kahlschlag vor, sie werden zu wenig in den Bildungssektor investieren usw. Es ist ein ermutigender Aspekt, dass dieser Panikmache der erhoffte Erfolg versagt blieb. Der SPD stehen schwere innerparteiliche Klärungsprozesse bevor. Quo vadis SPD?

Die grüne Partei hat erneut zugelegt. An ihrer Basis sind die Grünen zum Teil bürgerlich-konservativ. Ihre Spitzenleute auf der Bundesebene stehen hingegen fest im linken Lager, zum Teil sogar am linken Rand. Es ist schwer vorstellbar, dass es in vier Jahren zu einer Regierungsbeteiligung der Grünen unter einer CDU-Kanzlerschaft kommt. Möglicherweise kann es zu einer Annäherung zwischen Schwarz und Grün kommen, wenn entsprechende Koalitionen in den Ländern zustandekommen und erfolgreich arbeiten.

Die kommende Legislaturperiode wird über Erfolg oder Misserfolg der Kanzlerschaft Merkel entscheiden. Es werden schwierige Jahre sein. Der Koalition steht eine respektable Opposition im Parlament gegenüber, die versuchen wird, die Regierung vor sich her zu treiben. Die Gewerkschaften –bisher von der SPD ruhig gehalten – werden nicht zögern, auf die Straße zu gehen, wenn die Arbeitslosenquote steigt. Die Mindestlohnproblematik bleibt ein Dauerthema, wenn sie nicht im Sinne der Linken gelöst wird. Die Staatsverschuldung muss erfolgreich reduziert werden. Wie soll das geschehen? Steuererhöhungen verbieten sich, der Koalition würde sofort Wählertäuschung vorgeworfen werden. Die Kanzlerin ist hier bereits stigmatisisert, weil sie 2005 für die größte Steuererhöhung in der deutschen Nachkriegsgeschichte verantwortlich gemacht wird.

Wird die Koalitioon die Kraft haben, alle Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen? Zweifel sind angebracht, aber durch Einsparungen und Umschichtungen im Haushalt ließen sich neue finanzielle Spielräume eröffnen. Schließlich: Wird die CDU die Kraft haben, ihre Sozialdemokratisierung ein Stück weit über Bord zu werfen? Schafft sie das nicht, warum sollte sie nach 2013 weiter in der Regierungsverantwortung bleiben? Man wird sich bei der nächsten Wahl für das Original, nicht für eine Kopie entscheiden.

Wohl und Wehe der Union entscheiden sich auf dem Feld der Innenpolitik. Außenpolitisch waren die Leistungen der Kanzlerin bisher fast immer überzeugend. Sie ist eine anerkannte Größe auf der EU-Ebene, bei den Nato-Partnern und den bedeutsamen Politikern in den verschiedenen Regionen der Welt. Möge dies auch unter einem Außenminister Westerwelle so bleiben. W. v. Gottberg


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