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03.10.09 / Herzenston getroffen / Vor 400 Jahren wurde der Liederdichter Paul Fleming geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-09 vom 03. Oktober 2009

Herzenston getroffen
Vor 400 Jahren wurde der Liederdichter Paul Fleming geboren

Es ist immer Geschmackssache, welche Gedichte man in eine lyrische Anthologie deutscher Sprache aufnimmt und was man außen vor lässt. Aber der früh-barocke Paul Fleming müsste unbedingt mit dabei sein. Denn er trifft mitunter den intimen, den Herzenston, der zeitlos ist. Da steht auch persönliches Erleben dahinter, etwa wenn er seiner geliebten Elsabe, die er im Hause eines deutschen Kaufmannes in Reval kennengelernt hatte, versichert: „Auf alle meine Treue / sag ich dir’s zu. / Du bist es, du, / der ich mich einzig freue. / Mein Herze, das sich itzt so quält, / hat dich und keine sonst erwählt.“

Das war in seiner Schlichtheit damals für die Poetenzunft unüblich. Denn zu Beginn des 17. Jahrhunderts (Fleming wurde am 5. Oktober 1609 in Hartenstein im  Erzgebirge als Sohn eines Pastors geboren) war man sich auch beim Dichten humanistische Gelehrsamkeit schuldig, wenn nicht überhaupt auf lateinisch gedichtet wurde. Erst im Jahre 1624 hatte der Schlesier Martin Opitz sein „Buch von der deutschen Poeterey“ herausgebracht, „in welchem alle ihre eigenschafft und zuegehoer gruendtlich erzehlet und mit exempeln aufgeführet wird“. Das enthielt unter anderem eine deutsche Verslehre, die Empfehlung, Hochdeutsch zu schreiben und modische Fremdwörter zu vermeiden, und diente der endgültigen Verdrängung des Lateinischen aus der Literatur in Deutschland. Paul Flemings Lyrik ist ohne dieses künstlerische Manifest des Zeitgenossen Martin Opitz nicht denkbar.

Die Poeten waren damals üblicherweise bürgerlicher Herkunft, hatten studiert und waren anschließend auf die finanzielle Protektion durch den herrschenden Adel angewiesen. Fleming war 1626 nach dem Besuch der Stadtschule zu Mittweida (dort erste Bekanntschaft mit den klassischen Dichtern des alten Rom) zum Medizinstudium an die Universität Leipzig gekommen. 1640 hat er im niederländischen Leyden die medizinische Doktorwürde erhalten. Den Kriegszug des Schwedenkönigs Gustav Adolf quer durch Deutschland begleitete der Protestant Fleming auch literarisch mit Enthusiasmus. Nach dem frühen Tod des Königs in der Schlacht bei Lützen (1632) entschloss sich Fleming, seine vom Krieg schwer gezeichnete sächsische Heimat zu verlassen. Er schaffte es, als „Hofjunker und Truchseß“ eine Anstellung bei der Expedition zu finden, die der Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorp mit dem Ziel Moskau und Persien ausrüstete. Das Unternehmen, an den Seidenhandel heranzukommen, scheiterte geschäftlich auf der ganzen Linie. Die Entwick-lung des Poeten scheint es aber gefördert zu haben, denn Heimweh und die Liebe zu seiner fernen Elsabe in Reval beflügelten seine Feder nachhaltig. 

Auf der Rückreise von der persischen Hauptstadt Isfahan kam Fleming über Moskau im April 1639 nach Reval, wo er sich mit Elsabes Schwester Anna verlobte, die ihm auf seine Reise hübsche Briefe geschickt hatte, während Elsabe sich von ihm lossagte. Er wollte sich nach der Erlangung der Doktorwürde auf Dauer als „Stadtphysikus“ in Reval niederlassen. Doch auf der Rückkehr von Leyden erkrankte er in Hamburg schwer. Am 2. April 1640 starb er dort, in der Katharinenkirche ist er begraben.

Oft hatte Fleming in typisch barocker Manier, (also religiös und hochpathetisch) die Macht des Todes besungen. So klingt es auch an in dem Gedicht „Auf den Tod eines Kindes“ – und doch wirkt hier alles schlichter, unmittelbarer aus dem Herzen kommend: „Schlafe wohl geliebtes Kind! / So viel tapfrer Helden sterben, / Ganze Völker gar verderben, / und die Zeit verstiebt wie Wind. / Wie soll denn ein Mensch bestehen, / Muß dies Ganze doch vergehn! / Schlafe wohl, wir Armen, wir / bleiben, was wir immer waren: / Jung von Weisheit, alt von Jahren, / Unverständig für und für,  / Stumm an Mund, an Augen blind, / Kinder, wie wir kommen sind.“ Das wirkt wie ein Lied, denn Fleming als lyrischer Genius verstand sich auf die feine Musik, die auch in gesprochener Sprache wirksam ist. Bernd Rill


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