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03.10.09 / Emotionaler Höhepunkt / Mit dem Lichtfest wird in Leipzig an 1989 erinnert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-09 vom 03. Oktober 2009

Emotionaler Höhepunkt
Mit dem Lichtfest wird in Leipzig an 1989 erinnert

Ganze 15 Zeilen auf Seite 2, die zuvor mit der SED-Bezirksleitung abgestimmt waren, widmete die „Leipziger Volkszeitung“ am 10. Oktober 1989 einer Bewegung, die in die deutsche Geschichte eingehen sollte. Am 9. Oktober 1989 waren erstmals 70000 – manche meinen sogar 100000 – Menschen auf Leipzigs Straßen gegangen. So viele wie nie zuvor. Die Demonstranten riefen: „Wir sind das Volk“ und „Keine Gewalt“. Noch am 7. Oktober 1989, wo es zum 40. Jahrestag der DDR überall zu Demonstrationen gekommen war, hatte der Staat in Leipzig Hunde und Wasserwerfer gegen etwa 40000 Demonstranten eingesetzt und 200 Personen verhaftet.

Zwei Tage später blieb es friedlich. 8000 bewaffnete Sicherheitskräfte standen bereit. Zum Einsatz kamen sie nicht. Noch in der „Leipziger Volkszeitung“ vom 6. Oktober 1989 hatte Kampfgruppenkommandeur Günter Lutz öffentlich mit Gewalt gedroht: „Wir sind bereit und willens, das von uns mit unserer Hände Arbeit Geschaffene wirksam zu schützen, um diese konterrevolutionären Aktionen endgültig und wirksam zu unterbinden. Wenn es sein muss, mit der Waffe in der Hand!”

Am 9. Oktober 1989 standen die Sicherheitsorgane jedoch nicht wie erwartet nur einigen „Rädelsführern“ gegenüber, sondern breiten Teilen der Bevölkerung. Dies machte eine gewaltsame Auflösung der Demonstration undurchführbar. Am Montag da-rauf demonstrierten bereits 150000 Menschen auf Leipzigs Straßen. Darüber berichtete dann sogar die „Aktuelle Kamera“.

Viele große und kleine Orte hatten in der DDR „ihre“ friedliche Revolution. Der entscheidende Tag aber, der Durchbruch, der Beginn des historischen Wandels mit den bekannten Konsequenzen, war die Montagsdemonstration auf dem Leipziger Ring am 9. Oktober 1989, als entschlossene Menschen gegen das SED-Regime protestierten und Reformen einforderten.

„Wir sind ein Volk“ stand noch nicht auf ihren Fahnen. Doch nur einen Monat später, in der Nacht vom 9. auf den 10. November, fiel die Mauer in Berlin – allen Versuchen der SED, die Menschen an weiteren Protesten zu hindern, zum Trotz.

Seitdem gedenkt Leipzig am 9. Oktober regelmäßig dieser Ereignisse mit vielen Veranstaltungen. Mit Beschluss vom Juni 2008 ist der 9. Oktober sogar städtischer Feiertag. Neben den alljährlich stattfindenden Ausstellungen, Lesungen, Diskussionsrunden, dem Friedensgebet in der Nikolaikirche sowie einem Demokratieforum im Gewandhaus bietet die Stadt im Jubiläumsjahr mit dem Lichtfest einen neuen Höhepunkt und emotionalen Ausklang.

Die Veranstaltung von 18 bis 23.30 Uhr unmittelbar im Anschluss an das Friedensgebet in der Nikolaikirche um 17 Uhr dürfte auch die jüngere Generation ansprechen. Rund 20 Kreative aus verschiedenen europäischen Ländern, Architekten, Lichtplaner, Designer und Künstler mit Bezug zu Leipzig, leisten dazu ihren Beitrag. Die inhaltliche Richtschnur sind Freiheit, Demokratie, Gewaltfreiheit, bürgerschaftliches Engagement. Unter der künstlerischen Leitung von Jürgen Meier errichten sie vom Nikolaikirchhof über den Innenstadtring zwischen Augustusplatz und dem Stasi-Museum „Runde Ecke“ knapp 30 Stationen mit Licht-, Audio- und Video-Installationen beziehungsweise Aktionen.

Die Wegabschnitte sind den thematischen Schwerpunkten Unsicherheit, Durchbruch, Passage in die Freiheit und Aufbruch gewidmet. Auftakt ist die Lichtinstallation „public light – öffentliches Licht“ des Künstlers Tilo Schulz im Nikolaikirchhof. Sie soll das Aufflackern des politischen Bewusstseins widerspiegeln. Eine Metapher für den aktiven Willen der Bürger in Leipzig. Diese bleiben auch beim Lichtfest am 9. Oktober 2009 entlang des historischen Demonstrationsweges von 1989 die Hauptakteure – und das möglichst in großer Zahl.         Helga Schnehagen


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