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03.10.09 / Ein Privileg Gottes / Kritik an aktiver Sterbehilfe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-09 vom 03. Oktober 2009

Ein Privileg Gottes
Kritik an aktiver Sterbehilfe

Nach Jahren der Debatten wurde in diesem Jahr der Umgang mit Patientenverfügungen gesetzlich geregelt. Diese Regelung dürfte Stephan Holthaus, Leiter des Instituts für Ethik und Werte, und Timo Jahnke, Mitarbeiter an demselben Institut, gar nicht gefallen haben. Die Autoren von „Aktive Sterbehilfe? Ausweg oder Irrweg?“ sind der Meinung, dass Menschen über ihren Tod nicht völlig autonom entscheiden können und dürfen.

Im ersten Teil ihres Buches schildern die Protestanten die verschiedenen Sichtweisen zum Thema aktive Sterbehilfe. Sie stellen vor, wie aktive Sterbehilfe in anderen Ländern geregelt ist und gehen auf medienwirksame Einzelschicksale ein, bei denen unheilbar kranke Menschen um das Recht kämpften, ihrem Leben mit Hilfe anderer ein Ende zu setzen. Auch gehen sie darauf ein, dass die „Sterbekultur“ in Deutschland aus dem Alltagsleben verdrängt wurde. Kinder würden von Sterbenden ferngehalten und das Aufbahren von Toten gebe es nur noch in Einzelfällen.

Danach beginnt der Meinungsteil, denn die Autoren sind für Sterbebegleitung, aber gegen aktive Sterbehilfe. So dürfe man dem Sterbenden zwar Tabletten geben, um dessen Schmerzen zu lindern, auch sind sie gegen unnötige lebensverlängernde Maßnahmen, doch Mittel, um das Leben zu beenden, sind gegen ihr christliches Verständnis vom „Sterben in Würde“. Auch teilen sie nicht die Meinung des gemäßigten Befürworters, der aktiven Sterbehilfe, Hans Küng, der darauf hinweist, dass es zwar ein „Recht zum Weiterleben“, aber keine „Pflicht zum Weiterleben“ gebe.

Holthaus und Jahnke zeigen die Gefahren auf, die eine Freigabe der aktiven Sterbehilfe mit sich brächte. So könnte es sein, dass Menschen, die niemandem zu Last fallen wollen, sich aus diesem Grund für den Tod entscheiden. Ebenso können Angehörige den Kranken drängen, da er ihnen zur Last fällt. Auch der finanzielle Druck im Gesundheitswesen zu Missbrauch der aktiven Sterbehilfe führen, um kostenintensive Kranke „abzuwickeln“. Zudem würden Angehörige und Ärzte durch den Wunsch des Sterbewilligen nach aktiver Sterbehilfe möglicherweise zu einer Tat gedrängt, die ihnen widerstrebt.

Doch alle Punkte und Fragen, die die Autoren anführen, klären nicht überzeugend, warum der Mensch der Gegenwart zwar fast alles in seinem Leben selbst bestimmen oder zumindest lenken kann, doch wenn es ans Sterben geht, er sich plötzlich wieder ganz auf „Gottes Willen“ verlassen soll. Das Argument, dass Gott das Leben gegeben habe und nur er es wieder nehmen dürfe, mag gerade tatkräftigen, nicht gläubigen Menschen widerstreben. Sie wollen sterben, wie sie gelebt haben. Andere wiederum wollen nicht länger leiden als nötig, wenn klar ist, dass am Ende so oder so nur der Tod steht.

Jeder Fall ist unterschiedlich, so die Autoren, doch wer von vornherein ein klares „Nein“ zu aktiver Sterbehilfe ausspricht, grenzt die Möglichkeiten, für jeden Fall eine individuelle Lösung zu finden, von vornherein stark ein. Das führt in der Realität dazu, dass sterbewillige Kranke eine beschwerliche Reise ins Ausland antreten müssen, um allein, fern ihrer Familie, unwürdig in einem Hotelzimmer ihrem Leben ein Ende zu setzen.                          Bel

Stephan Holthaus / Timo Jahnke: „Aktive Sterbehilfe? Ausweg oder Irrweg?“, Brunnen, Gießen, geb., 137 Seiten, 12,95 Euro


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