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10.10.09 / Ein Segen für Kranke / Die Geschichte der schlesischen Bäderlandschaft − Auch als Reiseführer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-09 vom 10. Oktober 2009

Ein Segen für Kranke
Die Geschichte der schlesischen Bäderlandschaft − Auch als Reiseführer von Nutzen

Angelika Marsch befasst sich seit Jahrzehnten mit Historischer Bildkunde. Dabei gelangen ihr zum Teil sensationelle Entdeckungen, wie die „Reisebilder Pfalzgraf Ottheinrichs von 1536/37“, die die ältesten bisher bekannten Ansichten schlesischer und anderer Städte zeigen. Ihre Veröffentlichungen sind immer auch eine Augenweide.

Ihr jüngstes Buch über die schlesischen Bäder kann auch ausgemachten Schlesienkennern neu ins Bewusstsein rufen, was dieses Land für einen Schatz an warmen und Heilquellen besitzt, der Deutschland nach 1945 genommen wurde und Polen und der damaligen Tschechoslowakei in den Schoß fiel. Einen Reichtum, der von seinen Menschen in segensreichster Weise genutzt wurde.

Schon im ausgehenden Mittelalter suchten Kranke bei diesen Quellen Heilung von ihren Gebrechen, und später auch Erholung und Freude. Fast alle diese Quellen liegen in landschaftlich anmutiger oder, wie im Riesengebirge, auch „heroischer“ Landschaft mit reiner Bergluft, was ihre Attraktivität noch erhöhte.

So entstand entlang der Gebirge, von der schlesischen Lausitz bis zum mährischen Altvatergebirge, eine der reichsten und dichtesten Bäderlandschaften Deutschlands. Angelika Marsch, die für ihre Veröffentlichungen über den schlesischen Ansichtenzeichner F. B. Werner von der Hamburger Universität die Ehrendoktorwünde und den Kulturpreis Schlesien erhielt, teilt in ihrem neuen Buch diese Bäderlandschaft ein in die Regionen Riesen- und Isergebirge, Waldenburger Bergland, Grafschaft Glatz, Niederschlesische Oberlausitz, Reichensteiner Gebirge und Altva-tergebirge und am Westhang von Iser- und Riesengebirge. Sie stellt die einzelnen 18 Bäder vor mit ihrer Geschichte, ihren Heilanzeigen und mit vielen kulturgeschichtlich hoch interessanten Einzelheiten über das einstige, oft skurrile, und auch das heutige Badeleben, über berühmte und hochrangige, internationale Kurgäste und kulturelle Ereignisse. Wer weiß schon, dass Friedrich der Große und der spätere amerikanische Präsident John Quincy Adams in Bad Landeck und König Friedrich Wilhelm II., Zar Alexander von Russland, Felix Mendelssohn Bartholdy und 1826 Frederic Chopin in Bad Reinerz Heilung und Erholung suchten und fanden? Wer weiß denn, dass 1820 Prinz Wilhelm, der spätere Deutsche Kaiser Wilhelm I., sich heimlich in Landeck mit Prinzessin Elisa Radziwill, seiner großen Jugendliebe, traf? Auch erfährt man, dass beispielsweise das den Grafen Schaffgotsch gehörende Bad Warmbrunn im Jahre 1845 2000 Kurgäste beherbergte und dass von 1867 bis 1872 dort fast 4900 mittellose Kranke durch Graf Hans Ulrich Schaffgotsch eine kostenlose Kur bei freier Station erhielten. Dazu erfreuen technisch und farblich hervorragend wiedergegebene Zeichnungen, Radierungen, alte Postkarten und viele Lithographien des 19. Jahrhunderts. Sie stammen vor allem aus der Sammlung Haselbach im Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, aus der Stiftung Kulturwerk Schlesien in Würzburg und aus verschiedenen anderen Sammlungen und Instituten.

Es ist eine naturgemäß oft etwas wehmütige Rückschau in eine wie es scheint heile und zumindest in dieser Form untergegangene Welt, in der es in der „Guten Gesellschaft“ üblich war, im Sommer „ins Bad zu fahren“. Man kann sich nicht satt sehen an den kleinen schmucken Veduten. Den Betrachter berühren nicht nur die eigentlichen Bäder mit ihren Gebäuden, den Bade- und Quellenhäusern, den Kursälen und den vielen beliebten nahen Ausflugsorten, sondern auch die zauberhaften Landschaften, meist mit Staffagen spazieren gehender, biedermeierlich gekleideter Kurgäste oder arbeitender Landleute. Ein wenn auch sicher idealisierter, so doch ästhetischer erfrischender Blick auf Schlesien im 19. Jahrhundert. 23 Farbfotos aus der Gegenwart bilden den Abschluss des schönen Buches. Sie zeigen, dass vor allem nach der „Wende“ in Polen und Tschechien die heutigen Bewohner und Betreiber um diese ihnen zugefallenen Schätze bemüht sind. Schlesische Bäder erfreuen sich, nicht nur ihrer günstigen Preise wegen, auch bei deutschen Kurgästen wachsender Beliebtheit.

Das Buch erschien mit deutschem und polnischem Text sowie mit zwei Übersichtskarten mit deutschen und polnischen beziehungsweise tschechischen Ortsnamen. Da nicht nur eine reiche Literaturübersicht angefügt ist, sondern auch die Anschriften der einzelnen Kurverwaltungen, ist das Buch auch als „Schlesischer Bäderführer“ von aktuellem Nutzen. Bei dem großen Interesse an ausländischen Kurgästen kann davon ausgegangen werden, dass man bei Interesse in deutscher Sprache korrespondieren kann.   Sigismund Freiherr von Zedlitz

Angelika Marsch: „Kur- und Badeorte Schlesiens – einst und jetzt“, Bergstadtverlag Wilhelm Gottlieb Korn, Würzburg 2009, kartoniert, 168 Seiten, 22,90 Euro


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