© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-09 vom 24. Oktober 2009

Neuer Tiefpunkt
Israel über Türkei verärgert – Erdogan hält mehr Distanz

Die Beziehungen Israels mit der Türkei, dem zweitwichtigsten Verbündeten nach den USA, sind auf einen neuen Tiefpunkt gesunken: Zunächst hatte die Türkei Israel von der Nato-Luftwaffenübung „Anatolischer Adler“ ausgeladen – worauf auch die USA und Italien ihre Teilnahme absagten und die Übung abgeblasen wurde.

Dann zitierte Israels Außenminister Avigdor Lieberman den türkischen Botschafter ins Ministerium und rief den eigenen Botschafter aus Ankara zurück. Der Grund: Protest gegen eine Fernsehsehserie im türkischen Sender TRT-1, die das Vorgehen israelischer Soldaten gegen Palästinenser überaus drastisch darstellt, aber laut Lieberman, „keinerlei Bezug zur Realität“ habe. Und schließlich trafen sich im syrischen Aleppo 25 türkische und syrische Minister, wobei unter anderem ein gemeinsames Manöver beschlossen wurde.

Schon bei der Machtübernahme von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und seiner „gemäßigt islamistischen“ Partei AKP im Jahre 2003 hatte man sich in Israel gefragt, wie sich dies auf das bilaterale Verhältnis auswirken würde. Denn die AKP verdankte ihren Wahlsieg 2002 auch der zunehmend antiwestlichen und antiisraelischen, ja wie man sagt, „antisemitischen“ Stimmung in weiten Teilen der Bevölkerung. Der israelische Gaza-Krieg im Januar dieses Jahres wirkte dann als gewaltiger Verstärker, und für die Weltöffentlichkeit deutlich sichtbar wurde es, als Erdogan und Israels Präsident Schimon Peres beim Weltwirtschaftsforum in Davos aneinandergerieten.

Erdogan lässt sich aber keineswegs nur von persönlichen Eitelkeiten und der Stimmungslage im Land leiten: Er trachtet vielmehr, das – traditionell israelfreundliche – Militär zu entmachten und zugleich durch Aufwertung der Beziehungen zu den islamischen Staaten den Europäern die Türkei als regionale Großmacht vor Augen zu führen.     RGK