16.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
24.10.09 / Gekappte Zukunft / In Rostock wurde Opfer des SED-Regimes gedacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-09 vom 24. Oktober 2009

Gekappte Zukunft
In Rostock wurde Opfer des SED-Regimes gedacht

Am liebsten machte Karl-Alfred Gedowsky Sport. Der Rostocker Student war in den ersten Nachkriegsjahren nebenbei Vorsitzender der Hochschulsportgemeinschaft. Aber er war kein Genosse, im Gegenteil. Er machte sich öffentlich über die Partei lustig und widersetzte sich den Anpassungstendenzen der aufkommenden SED-Diktatur. Dieser Widerstand kostete ihn das Leben.

Gedowsky ist einer von vielen. In Mecklenburg gab es in den ersten DDR-Jahren eine richtige Verhaftungswelle, deren Opfer meistens 25 Jahre Zwangsarbeit oder die Todesstrafe zu erwarten hatten.

Am vergangenen Sonntag gedachten die früheren Studenten in der Rostocker Universitätskirche ihres damaligen Kommilitonen Arno Esch und seiner Freunde. Arno Esch war das bekannteste Opfer der SED-Diktatur, ein liberaler Politiker, der für seine Überzeugungen hingerichtet wurde. Prorektor Professor Stefan Göbel fragte: „Was haben die Studenten verbrochen? Sie erträumten sich eine bessere Zukunft.“

Der aus Gerdauen stammende frühere Landtagspräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Hinrich Kuessner (SPD), hielt den Festvortrag. Er hatte sich die alten Zeitungsartikel Eschs angeschaut: „Als ich die Leitartikel las, war ich überrascht. Stil und Urteilsvermögen ließen auf einen erfahrenen Journalisten schließen.“ Doch das war Arno Esch nicht. Er war gerade erst 20 Jahre alt, als er den Kampf gegen die SED und die sowjetische Besatzungsmacht führte, wobei sich die Weggefährten einig waren, nichts gegen die Russen zu unternehmen. Der politische Kampf wurde ausschließlich gegen die SED geführt. Übereinstimmend rechneten nämlich damals alle mit einem baldigen Abzug der Sowjets. Die Russen sollten nicht extra provoziert werden.

Kuessner zitierte in seinem Vortrag Walter Ulbricht, der im kleinen Kreis erklärt hatte: „Es muss nur alles demokratisch aussehen.“ Und weiter: „Arno Esch sah die Gefahren, die von den Kommunisten ausgingen.“ Gemeint war vor allem die Gleichschaltung.

„Es gab Intellektuelle, die im Osten Deutschlands die bessere Politik für die Menschen sehen wollten. Aber wer die Verbrechen sehen wollte, der konnte sie sehen.“ Die SED-Machthaber haben Menschen wie Esch liquidieren lassen, weil er ihren Führungsanspruch in Frage stellte. Sein Tod steht für den von so vielen unbekannten SED-Opfern, die es überall in Mitteldeutschland gab. Markus Schleusener


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren