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24.10.09 / Kind und Opfer der Revolution / Eine kritische Würdigung zum 250. Geburtstag von Georges Danton – 1794 von Robespierre ermordet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-09 vom 24. Oktober 2009

Kind und Opfer der Revolution
Eine kritische Würdigung zum 250. Geburtstag von Georges Danton – 1794 von Robespierre ermordet

Für die einen ist er ein Realpolitiker, der sich nicht durch ideologischen Eifer blenden ließ, für die anderen ein Opportunist, dem der beständige Charakter ebenso fehlte wie die feste politische Überzeugung und der von daher eine Gefahr darstellte für die Sache der Revolution. Bis heute scheiden sich die Geister an Georges Jacques Danton.

„Tu montreras ma tête au peuple, elle en vaut bien la peine!“ (Du wirst meinen Kopf dem Pöbel zeigen, er ist dieser Mühe wert!) Diese Aufforderung Georges Dantons an seinen Henker hoch oben auf dem Schafott im Angesicht des Todes, fehlt in keiner Zitatensammlung berühmter letzter Worte.

Ungebrochener Stolz und tiefe Verachtung derer, die ihn zur Guillotine verdammt hatten, sprechen daraus. An Danton, dem leidenschaftlichen Verfechter und wohl genialsten Redner der Französischen Revolution, erfüllte sich auf tragische Weise, was er selbst zuvor erkannt und prophezeit hatte: „Die Revolution gleicht Chronos, sie verschlingt ihre eigenen Kinder!“

Georges-Jacques Danton wurde am 28. Oktober 1759 in Arcis-sur-Aube geboren, genoss eine gute Erziehung, studierte Jura und wurde Advokat. Mit Beginn der Französischen Revolution warf er sich mit Enthusiasmus in die Politik, wurde Mitglied der Jakobiner und gründete 1790 zusammen mit Camille Desmoulins und Jean-Paul Marat den radikalen „Club des Cordeliers“. Im Gegensatz zu den gemäßigten Girondisten forderten sie eine grundlegende Änderung der gesellschaftlichen Ordnung und die Einführung der Republik. Dantons Reden waren wortgewaltig, mitreißend und radikal, seine tatsächlichen Aktionen hingegen eher vorsichtig und taktierend. Als Mensch war er großzügig und freundlich, ideologisch flexibel und schwer durchschaubar.

Skrupel vor Gewaltanwendung hatte er nicht: Die so genannten „Septembermassaker“ von 1792 an über tausend politischen Gefangenen hatte zwar Jean Paul Marat initiiert, aber mit Duldung von Danton als Justizminister. Nach der Hinrichtung Ludwigs XVI. im Januar 1793 war auf Antrag Dantons im April der so genannte „Wohlfahrtsausschuss“ eingerichtet worden, der von da an die Exekutivgewalt im Staat ausübte. Ein „Revolutionstribunal“ übernahm die Gerichtsbarkeit insbesondere für „politische Vergehen“, wobei es als mögliche Urteile nur Freispruch oder Tod gab.

Im weiteren Laufe des Jahres 1793 verschärfte sich die Lage der Republik: Zum Krieg gegen Österreich und Preußen, Hungersnöten und Aufständen in den Provinzen kam die innere Zerstrittenheit der revolutionären Kräfte. Im Juli wurde Marat von Charlotte Corday ermordet, im selben Monat Danton wegen seiner Auslandskontakte und angeblicher Bereicherung als Vorsitzender des Wohlfahrtsausschusses abberufen, stattdessen Maximilien de Robespierre gewählt.

Der Antagonismus hätte größer nicht sein können: Der ebenso blutleer-tugendhafte wie kompromisslose Pedant Robespierre trug den Beinamen „der Unbestechliche“, im Gegensatz zum trunksüchtigen Lebemann Danton, dessen Anfälligkeit für Laster und Korruption zu seinem Untergang beitrug. Unter Robespierre bekannten sich Wohlfahrtsausschuss und Nationalkonvent immer mehr zur Schreckensherrschaft („la Grande Terreur“). Die Welle der Hinrichtungen, der auch die ehemalige Königin Marie-Antoinette und die Girondisten zum Opfer fielen, schwoll stetig an. Neuen Forschungen zufolge wurden zwischen Juni 1793 und Juli 1794 in Frankreich mindestens 16594 Menschen enthauptet, die Gesamtzahl der Terroropfer wird auf 30000 geschätzt. Hierdurch vertieften sich die Fraktionskämpfe: Während Danton im November 1793 öffentlich ein Ende der Schreckensherrschaft forderte, ließ Robespierre statt dessen im März 1794 die Hébertisten, einen radikalen Flügel innerhalb der Jakobiner, verhaften und hinrichten.

An dieser Stelle setzt übrigens die Handlung von „Dantons Tod“ ein, Georg Büchners 1835 verfasstes Drama in vier Akten. Nach Beseitigung sowohl der gemäßigten Girondisten als auch der radikalen Hébertisten standen Robespierre jetzt nur noch die Dantonisten mit ihrem Ruf nach Ende der Schreckensherrschaft im Weg. Als die gegensätzlichen Ansichten der ehemaligen Freunde auch durch ein Gespräch unter vier Augen nicht zu bereinigen waren, ließ Robespierre mit Zustimmung des Konvents Danton und seine engsten Vertrauten in der Nacht vom 30. auf den 31. März 1794 verhaften und vor das Revolutionstribunal bringen, wo sie binnen fünf Tagen angeklagt, verurteilt und am 5. April 1794 enthauptet wurden. Während des Prozesses, dessen Ausgang vorher feststand, hatte Danton auf die Frage nach Namen, Alter und Wohnsitz geantwortet: „Ich heiße Danton, bin 35 Jahre alt, meine Wohnung wird das Nichts sein, aber mein Name wird leuchten im Pantheon der Geschichte!“

Dass er, wie in Büchners Drama angedeutet, voraussah, dass sein Intimfeind Robespierre ihm gut ein Vierteljahr später folgen und am 28. Juli 1794 seinerseits den Weg zur Guillotine beschreiten würde, ist historisch nicht belegt. Überliefert ist indessen, dass nach der Hinrichtung Dantons die Menge rief: „Es lebe die Republik!“ Worauf in die folgende Stille hinein man eine Stimme vernahm: „Die Republik? Man hat sie soeben enthauptet!“

Den Versuch, ein ausgewogenes Bild zu zeichnen, haben außer Büchner (1813–1837), der sich in weiten Teilen seines Dramas an historische Vorlagen und Quellen hält, die französischen Historiker Adolphe Thiers (1797–1877) und François-Auguste Mignet (1796–1884) gemacht. Bei ihnen erscheint Danton als ein „gigantischer Revolutionär mit extravaganten Lastern, so gewaltig und dämonisch wie seine Rednergabe“. Die Revolution habe ihn groß gemacht, ihn emporgetragen und zuletzt vernichtet.        Angelika Fischer

Foto: Starben allesamt eines gewaltsamen Todes: Die Jakobiner Georges Danton, Jean Paul Marat (1743–1793) und Maximilien de Robespierre (1758–1794)


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