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31.10.09 / Kleinmütiger Beginn / Die neue Bundesregierung verdrängt Reformnotwendigkeiten – vorerst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-09 vom 31. Oktober 2009

Kleinmütiger Beginn
Die neue Bundesregierung verdrängt Reformnotwendigkeiten – vorerst

Überraschend holprig und auch kleinmütig begann die neue, schwarz-gelbe Bundesregierung. Über durchgreifende Reformen besteht keine Einigung, die dringend notwendige Sanierung der Staatsfinanzen wurde auf unbestimmte Zeit vertagt.

Verblüffend wenig scheint sich zu ändern mit dem Regierungswechsel: Die Kernkraftwerke laufen weiter, statt nach und nach abgeschaltet zu werden, der Wehrdienst wird um drei Monate verkürzt, ein Teil der heimlichen Steuererhöhungen der letzten Jahre infolge der „kalten Progression“ wird mit einer kleinen, allerdings komplett auf Pump finanzierten Steuersenkung an die Bürger zurückgegeben.

Kleinere Änderungen wurden bei der Pflegeversicherung und  der inneren Sicherheit beschlossen, und womöglich kommt doch noch die so oft angekündigte Teilprivatisierung der Bahn.

Viele Bürger fragen sich zu Recht: Soll es das gewesen sein? Vor allem aber: Ist diese Art des Weiter-so überhaupt dauerhaft durchzuhalten? Sind durchgreifende Reformen der Sozialsysteme und des Arbeitsmarktes, vor allem aber die Senkung der Staatsausgaben nicht unausweichlich angesichts der desolaten Finanzlage des Staates?

Rund 80 Milliarden Euro neue Schulden macht der Bund voraussichtlich in diesem Jahr – noch ohne die berühmt-berüchtigten „Nebenhaushalte“. Und im kommenden Jahr sollen es sogar rund 100 Milliarden werden. Zwar zieht die Konjunktur wieder an, doch die Staatsfinanzen reagieren darauf mit Verzögerung, beispielsweise weil der Anstieg der Arbeitslosigkeit erst begonnen hat.

Doch statt des zu erwartenden Kassensturzes nach der Wahl beschloss die Bundesregierung offenbar, die Krise „wegzulächeln“. Man wolle keine Wahlversprechen brechen, heißt es subtil bei Union und FDP – gerade so, als hätten diese Parteien nicht auch die Sanierung der Haushalte versprochen.

Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, dass die derzeitige Politik vor allem der Rücksichtnahme auf die Wahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2010 geschuldet ist. Um keinen Preis will die CDU ihre neue Bastion im Westen wieder an die SPD verlieren. Es hatte eine irritierende Symbolkraft, dass ein großer Teil der Koalitionsverhandlungen in der nord-rhein-westfälischen Landesvertretung in Berlin geführt wurde. Das war – bei allem Respekt für den Föderalismus – ein Stilfehler.

Wer sich um die Zukunft des Landes Sorgen macht, dem bleibt nur die Hoffnung, dass in fünf Monaten, wenn auch an Rhein und Ruhr gewählt wurde, den (Haushalts-)Politikern die Augen aufgehen, sie „plötzlich“ den Ernst der Lage erkennen und zur Tat schreiten. Immerhin: Bundesfinanzminister Schäuble hat nun daran erinnert, dass alle Wohltaten im Koalitionsvertrag unter Finanzierungsvorbehalt stehen und man „auf Sicht“ fahre. Das lässt darauf hoffen, dass Sicht und Sehkraft bald wieder besser werden könnten.           Konrad Badenheuer


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