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31.10.09 / Verhungernlassen als gängige Praxis / Mörderische Christenverfolgung in Nordkorea: Der »Geliebte Führer« fürchtet das Beispiel Osteuropas

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-09 vom 31. Oktober 2009

Verhungernlassen als gängige Praxis
Mörderische Christenverfolgung in Nordkorea: Der »Geliebte Führer« fürchtet das Beispiel Osteuropas

Nach einem Bericht der Organisation Open Doors hat die nordkoreanische Regierung die Verfolgung der Christen in jüngster Zeit weiter verschärft. Sie will mit erhöhtem Einsatz von Fahndern die Mitglieder aller „Untergrundkirchen“ ausfindig machen und möglichst eliminieren.

Im Gegensatz zum Nachbarland China, wo Christen ihren Glauben in staatlich anerkannten Gotteshäusern derzeit halbwegs ungeschoren praktizieren können, Einzelgruppen wie die Falun Gong aber ebenfalls verfolgt werden, verbietet Pjöngjang alle Aktivitäten dieser Art. Christen werden entweder in Konzentrationslager gesteckt oder öffentlich hingerichtet, wenn sie nicht dem Personenkult des kommunistischen Diktators Kim Jong II um den „Geliebten Führer“ Folge leisten und ihrem Glauben abschwören.

Der Umschwung in Osteuropa vor 20 Jahren wirkt immer noch wie ein Fanal und es wird jedenfalls von den Machthabern als Gefahr angesehen, dass durch die Christen im Lande ein ähnlicher Umsturz geschehen könnte. Einen Einblick in die Verhältnisse gibt das Buch „Lasst mich eure Stimme sein“, in dem Sun Ook Lee, einst eine ranghohe Funktionärin der Kommunistischen Partei, dann aufgrund von Denunziationen in einem Konzentrationslager eingesperrt, ihre Erinnerungen an Folter, andere Grausamkeiten und Morde niederschrieb, nachdem ihr nach einer überraschenden Entlassung im sechsten Jahr die Flucht aus dem Reich des „geliebten Führers“ gelungen war. Am schlimmsten, so berichtet sie, habe es die Christen getroffen, die teilweise vor ihren Augen zu Tode gefoltert wurden. Sie selbst wurde unter dem Eindruck der Geschehnisse Christin.

Rund 200000 christliche Nordkoreaner schuften gegenwärtig in staatlichen Arbeitslagern. Die Organisation „Political Incorrect“ vermutet sogar bis zu einer halben Million, Radio Vatikan spricht allerdings nur von 50000 bis 70000 in etwa 30 Straflagern. Rund 400000 Christen üben ihren Glauben bei geheimen Zusammenkünften aus, so meldet Open Doors, dessen US-Anhänger im April und Mai 2009 vor der nordkoreanischen Botschaft in Washington D.C. protestierten und beteten. Carl Moeller, Präsident von Open Doors in den USA: „Verletzungen der Menschenrechte, Zwangsarbeit, in Arbeitslagern gequälte, gefolterte politische Gefangene, Menschenhandel und Verhungernlassen sind gängige Praxis und nehmen immer mehr zu.“

Es liegen zudem Berichte vor über Menschenversuche mit Gasen und Viren, was fatal an gewisse Praktiken in den KZs des Dritten Reiches erinnert. Folterungen scheinen gang und gäbe. Etwa zehn bis 20 Prozent der Häftlinge – so berichten Hilfsorganisationen – sterben jährlich an den Folgen der miserablen Behandlung oder durch Exekutionen. Flüchtlingen, denen es gelungen war, sich nach China abzusetzen, wurden von dort zurück geschickt und den nordkoreanischen Henkern ausgeliefert. Allein Anfang 2005 sollen dabei in nur einem Monat 70 Menschen ums Leben gekommen sein. Nunmehr im sechsten Jahr führt Nordkorea die Liste der Länder an, in denen Christen am stärksten verfolgt werden.

Die traditionellen und geschichtlich gewachsenen Religionen des Landes sind der Buddhismus und der Konfuzianismus. Unter dem Einfluss der Kommunisten dürfte heute die Mehrheit allerdings atheistisch sein. Der US-amerikanische Pastor und Philosoph George Trumbull Ladd (1824–1921) schätzte bei einem Besuch in Pjöngjang im Jahre 1907 die Zahl der Christen auf knapp 14000 – immerhin ein Drittel der Bevölkerung der Stadt. Die Zahl ihrer Kirchen betrug 100. Vor dem Koreakrieg (1950–1953) wurden dann allein in der Hauptstadt 500000 praktizierende Christen gezählt, weshalb die Agglomeration damals auch als „Jerusalem des Ostens“ galt.

Um die Wende zum 20. Jahrhundert lebten etwa 40000 Menschen in Pjöngjang, heute sind es drei Millionen, im gesamten Land 24 Millionen. Es gibt drei Schaukirchen zu Propagandazwecken, denn Artikel 68 der Verfassung garantiert freie Aus-übung der Religion, sofern dies nicht zur „Infiltration durch äußere Kräfte oder zur Verletzung der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung“ missbraucht wird – ein dehnbarer Begriff. Dieses Recht wird Christen ohnehin verweigert, da es sich nach Auslegung der Regierung nicht um eine staatlich kontrollierte Organisation handelt. Seit 2006 gibt es in der Hauptstadt eine russisch-orthodoxe Kirche, die vierte christliche Kirche der Stadt. Wieder ein Vorzeigeobjekt? Nordkorea grenzt neben China auch an Russland.

Wegen seines Atomwaffen- und Raketenprogramms sowie der Belieferung anderer Nationen mit entsprechendem Know-how wird der „Schurkenstaat“, wie ihn einst George W. Bush apostrophierte, von der übrigen Welt geächtet. Die Volksrepublik zählt zu jenen Ländern, in denen die Menschenrechte so gut wie gar nicht geachtet werden – was die Lage der verfolgten Christen zusätzlich erschwert. Die Medien stehen unter totaler Kontrolle, Mobiltelefone sind normalen Bürgern verboten, nicht genehmigte Versammlungen untersagt. Das trifft natürlich auch auf Gottesdienste zu. Den Bürgern ist das Verlassen des Landes nicht erlaubt, ebenso ist ihr Aufenthaltsort im Land selbst vorgeschrieben. Hinrichtungen finden in der Regel öffentlich statt.

Insgesamt stehen in dem flächenmäßig kleinen Land eine Million Soldaten ständig unter Waffen, die Armee des unberechenbaren „geliebten Führers“ ist nach jener Chinas die zweitgrößte Militärmacht in Asien. Ein Einsatz der vorhandenen Atombombe, nach der ein Land wie der Iran erst strebt, ist nach Meinung von Militärexperten nicht ausgeschlossen.      Joachim Feyerabend


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