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31.10.09 / Ausgebremste Bremse / So wird es nichts mit der »Schuldenbremse« – Fehlende Sanktion

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-09 vom 31. Oktober 2009

Ausgebremste Bremse
So wird es nichts mit der »Schuldenbremse« – Fehlende Sanktion

Deutschland hat mit rund 1628 Milliarden Euro, das sind fast 20000 Euro pro Kopf, einfach zu hohe Staatsschulden. Aufgrund dieser Erkenntnis und wegen der Regeln des europäischen Stabilitätspakts schrieben deutsche Politiker von Bund und Ländern eine sogenannte Schuldenbremse in das Grundgesetz (Artikel 109 und 115 GG).

Ein zentraler Gedanke ist dabei: die Generationengerechtigkeit. Künftige Bürger wie Regierungen sollen vergleichbare Chancen und Handlungsspielräume behalten, denn wachsende Staatsschulden lähmen das Gemeinwesen. So richtig greift das neue Instrument erst ab 2011, bis dahin gilt eine Übergangsregel (Artikel 143d GG). Die endgültige Regel besagt, dass der Bund nicht mehr als 0,35 Prozent vom Wert aller jährlich produzierten Waren und Dienstleistungen in Deutschland (Bruttoinlandsprodukt) an neuen Schulden aufnehmen darf. Nur Sonderausgaben infolge besonders schwerer Krisen und Naturkatastrophen fallen nicht unter die Regel. FDP und Union wollten nun diese Regel umgehen, indem sie ein Sondervermögen, den „Sozialversicherungsstabilisierungsfonds“, einrichten wollten. Aufgrund massiver Proteste wurde dieser Plan schnell wieder kassiert.

Alle Staatsausgaben, auch die für bisherige Schulden (Tilgungen und Zinsen), müssen spätestens 2020 aus Steuern und sonstigen Staatseinnahmen voll gedeckt werden.  Nur bei besonders schweren Krisen oder Naturkatastrophen gilt die Schuldenbremse nicht. Im Fall solcher wirtschaftlichen Verwerfungen soll eine komplexe mathematische Formel die Abweichung vom normalen Rahmen feststellen. Tatsächlich entscheidet über beide Ausnahmefälle und daraus resultierende Lockerungen aber der Bundestag – mit derselben Mehrheit, mit der er auch den Haushalt beschließt. Von daher war auch schon ohne die neuesten Tricks fragwürdig, ob das erklärte Ziel ausgeglichener Haushalte (ab 2016 im Bund und ab 2020 in den Ländern) realistisch war.

Ein Schattenhaushalt wäre jedoch als Sondervermögen nicht an den Jahreshaushalt gebunden und damit auch von den jährlichen Kreditgrenzen befreit. Diese Ungebundenheit an das Jahresprinzip eines Haushalts schafft nicht nur Verwirrung, sie ist auch verfassungsrechtlich bedenklich, wie eine aktuelle Prüfung durch das CDU-geführte Bundesinnenministerium ergab. Sondervermögen kommen zudem einem Freifahrtschein für neue Schulden gleich, die dann in ihrer Gesamtheit gestreckt und so noch schwerer zu beziffern sind. Schon Finanzminister Peer Steinbrück nutzte solche Sondervermögen für Bankenrettungs- und Konjunkturpakete.

Den größten Schwachpunkt der Schuldenbremse stellt die Strafe bei Nichterfüllung dar: Es gibt keine. Im Sinne der Steuerzahler von morgen weist die deutsche Schuldenbremse gegenüber der schweizerischen einen wesentlichen Nachteil auf: Der deutsche Fiskus wird nicht gezwungen, alte Schulden abzutragen. Nur die Neuaufnahme ist (bestenfalls) erschwert. Schatten- oder Nebenhaushalte könnten so den Schulden-Sockel dauerhaft erhöhen.     SV


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