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31.10.09 / Existenzkrise bei deutschen Werften / Nur Kreuzfahrtschiffbau ist bisher krisenfest − Marinewerften

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-09 vom 31. Oktober 2009

Existenzkrise bei deutschen Werften
Nur Kreuzfahrtschiffbau ist bisher krisenfest − Marinewerften von Politik alleingelassen

Auf den deutschen Werften werden in diesem Jahr noch rund 17500 Menschen beschäftigt. Das sind rund 3100 weniger (15 Prozent) als ein Jahr zuvor. Massenentlassungen gab es noch nicht, die Werften nutzen Arbeitszeitkonten, Überstunden, Leiharbeit und Werkverträge im großen Umfang. Aber zum Winter kann das große Heulen und Zähneklappern kommen. Gesamtmetallpräsident Martin Kannegiesser: „Man kann keine Schiffe auf Vorrat bauen, wenn die Bestellungen ausbleiben.“

Die Schwierigkeiten haben drei Hauptgründe: Die Billigkonkurrenz aus Asien – vornehmlich Korea –, die mangelnde Bereitschaft deutscher Politiker, deutsche Kriegsschiffe exportieren zu lassen, wie das Briten, Franzosen, Spanier und Italiener erfolgreich praktizieren, und schließlich die Wirtschaftskrise. Schon sechs deutsche Werften haben Insolvenz angemeldet: Cassens, Lindenau, SMG Rostock, SSW Shipyard und Nessewerft. Andere stehen auf der Kippe oder haben wie die Nobiskrug-Werft in Rendsburg mit Scheich Hamdan bin Zajed al-Nahjan aus Abu Dhabi einen neuen Eigner gefunden. Auch die insolvente Wadangruppe (Rostock und Wismar) hat in letzter Sekunde einen neuen Besitzer gefunden.

Einzig die Meyer-Werft in Papenburg, die nun schon in der sechsten Generation in den Händen der Familie Meyer liegt, erweist sich als relativ krisenfest im Bau von Kreuzfahrtschiffen, Fähren, RoRo-Schiffen, Gastankern und Tiertrans-portschiffen für ihre noblen Auftraggeber wie Aida Cruises, Norwegian Cruise Line oder P&O Crui-ses. Das Unternehmen ist bis 2012 mit Aufträgen ausgelastet und zählt mit 2050 Mitarbeiten zu den drei größten Werften Deutschlands.

Der Kriegsschiffbau war eine Stütze der Werftstandorte Hamburg, Emden und Kiel. Aber auch dort kriselt es schon lange. Seit zehn Jahren konnte nicht ein einziger Kunde für Raketenboote, Korvetten oder Fregatten eingeworben werden. Die Kunden in Asien oder Südamerika lassen nun lieber Kriegsschiffe bei westeuropäischen Konkurrenten bauen – ein exemplarisches Versagen bundesdeutscher Außen- und Wirtschaftspolitik. Und die Inlandsnachfrage? Immerhin hat die Deutsche Marine einen total überalterten Bestand. Die Wirtschaftskrise wäre eine Chance zur Runderneuerung. Aber der Bundesverteidigungsminister investiert das ihm anvertraute Steuergeld in Afghanistan. Derweil fährt die Marine mit 30 Jahre alten Fregatten, 40 Jahre alten U-Booten, stellt fast die gesamte Schnellbootflottille ersatzlos außer Dienst und dezimiert die Minensuchkapazität. Nur der U-Bootbau – international nach wie vor führend – bringt noch Aufträge herein. Aber auch da gibt es Kunden mit seltsamen Zahlungsvorstellungen. Von den drei gelieferten und den beiden noch im Bau befindlichen U-Booten für die israelische Marine ist keines von dort vollständig bezahlt worden. Griechenland verweigert die Abnahme eines neuen U-Bootes, obwohl es keinerlei Gründe zur Beanstandung hat, allerdings lässt sich so ein Preisnachlass herausschlagen.

Die Zivilschifffahrt steht in Deutschland weitgehend vor dem „Aus“. Eine Abwrackprämie für veraltete Tanker oder Containerschiffe ist nicht in Sicht. Vermutlich ist die Zahl der Beschäftigten zu gering, um sie zu einem echten Politikum zu machen.

Im Ausland hingegen zeigt man Interesse und nutzt die Situation. Scheich Hamdan bin Zajed al-Nahjan aus Abu Dhabi, dem bereits die Nobiskrugwerft in Rendsburg gehört, hat nun auch Anteile von Blohm & Voss erworben und eine Arbeitsplatzgarantie abgegeben. Der Scheich scheint an die Exportierbarkeit deutscher Kriegsschiffe zu glauben.

Derweil schafft Thyssen Krupp Marine Systems Fakten: Die Nordseewerke in Emden wurden aufgeteilt: 200 Arbeitsplätze bleiben im Reparaturbetrieb erhalten; 115 Beschäftigte kommen bei der neu zu gründenden HDW-Filiale unter; der Rest der Nordseewerke werden samt 721 Beschäftigten von der Siag Schaaf AG übernommen: Nun sollen die Werftarbeiter

Windräder bauen. Die IG Metall findet das toll, aber Windräder sind mittelfristig noch viel einfacher in Niedriglohnländern zu bauen als Schiffe.        Hans Lody


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