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31.10.09 / Auf der Suche nach den Wurzeln / Viele Adoptivkinder versuchen, ihre leiblichen Eltern aufzuspüren – Oft bleibt es nur bei wenigen Treffen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-09 vom 31. Oktober 2009

Auf der Suche nach den Wurzeln
Viele Adoptivkinder versuchen, ihre leiblichen Eltern aufzuspüren – Oft bleibt es nur bei wenigen Treffen

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 4201 Kinder und Jugendliche adoptiert. 2007 waren von den Adoptionsvermittlungsstellen 4509 Adoptionen gemeldet worden. 30 Prozent der adoptierten Kinder waren unter drei Jahre alt. Für eine Adoption vorgemerkt waren 2008 insgesamt 774 Kinder. Wie leben diese Kinder mit dem Wissen, nicht bei den leiblichen Eltern aufzuwachsen?

„Jetzt weiß ich endlich, woher ich komme“, sagt Mona, „ich kann aufhören, ständig zu grübeln, wo meine Wurzeln liegen.“ Eine Träne rinnt der jungen Frau über die Wange, die Erleichterung ist ihr deutlich anzumerken. Mona wurde adoptiert, als sie drei Monate alt war. Mit 14 erfuhr sie, dass ihre Eltern gar nicht ihre Eltern sind, dass sie von anderen, von fremden Menschen abstammt. Über die Mutter, die Mona damals weggab, ist den jetzigen Eltern nichts bekannt. „Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht weiß, wer ich wirklich bin“, erzählt die heute 24-Jährige, „immer wieder dachte ich darüber nach, was mit meinen richtigen Eltern ist, warum meine Mutter mich damals nicht behalten wollte und ob es noch Geschwister gibt.“

„Es ist für jeden Menschen wichtig, die eigenen Wurzeln zu kennen, denn die Herkunft ist Teil der Identität“, erklärt Gisela Rust von der Gemeinsamen Zentralen Adoptionsstelle (GZA) der Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. „Auch für Menschen, die nicht bei ihren leiblichen Eltern aufgewachsen sind, ist die Ursprungsfamilie von Bedeutung“, fährt die Psychologin fort, „realitätsnahe Informationen über die damalige Lebenssituation der leiblichen Eltern sowie etwaige persönliche Kontakte zu ihnen können für Adoptierte hilfreich sein, die Hintergründe der Entscheidung nachzuvollziehen.“

„In mir wuchs immer stärker der Wunsch, meine leiblichen Eltern ausfindig zu machen“, erzählt Mona. „Ich habe mich dann dazu entschlossen, erst mal heimlich zu forschen und meinen Adoptiveltern nichts davon zu erzählen, da ich sie nicht verletzen wollte.“

Elisabeth ist mit dem Wissen groß geworden, adoptiert zu sein. „Schon in meinen frühesten Kindertagen wurde mir erklärt, dass es noch eine andere Mutter gibt. So kam mir lange Zeit nicht der Gedanke, dass es für mich wichtig sein könnte, zu erfahren, woher ich eigentlich komme und wo meine Wurzeln sind“, sagt die 27-Jährige. „Mit 17 oder 18 befiel mich dann das erste Mal der Gedanke, herausfinden zu müssen, was damals eigentlich wirklich passiert ist.“

Die Suche nach den Wurzeln ist oft mit Angst und Verunsicherung verbunden. Adoptivkinder benötigen dabei die verständnisvolle Begleitung der Adoptiveltern. Hierbei sind dann auch umfangreiche Recherchearbeiten notwendig. Die Adoptiveltern haben in der Regel von den Adoptionsvermittlern nur wenige Angaben über die Herkunft ihrer Kinder  erhalten. In vielen Familien sind auch die Themen „Adoption“ und „biologische Eltern“ tabuisiert.  Adoptierte können sich mit ihrem Anliegen der Suche nach der Herkunftsfamilie an die Adoptionsvermittlungsstelle der Jugendämter wenden und erhalten dort Beratung und Unterstützung. Soweit es gewünscht wird, versucht diese Stelle, den ersten Kontakt mit den leiblichen Eltern herzustellen. Dabei wird eine direkte Konfrontation zwischen Suchenden und Gesuchten zunächst vermieden. „Manchmal gibt es Situationen, in denen die leiblichen Eltern Kontaktwünsche nicht zulassen können oder wollen“, weiß Gisela Rust. Die Adoptionsvermittlungsstelle hat aber Möglichkeiten, sich an die leibliche Mutter zu wenden, ohne den Datenschutz zu verletzen. Sind die leiblichen Eltern zu einem Kontakt bereit, unterstützen die Sozialarbeiterinnen der Jugendämter alle Beteiligten auch bei diesem wohl schwersten Schritt. „Bis zu unserem ersten Treffen hatte ich nie wirklich die Befürchtung gehabt, dass es eventuell auch schiefgehen könnte. Der Gedanke kam mir erst, als ich ein paar Tage später auf dem Weg zu meiner Mutter war“, erzählt Elisabeth.

Lernen Adoptierte ihre leiblichen Eltern kennen, so bleibt es oft bei wenigen Treffen. Zumeist geht es darum, ganz bestimmte Fragen zu klären. In vielen Fällen wird aber auch ein lockerer Kontakt zwischen beiden Seiten aufrecht erhalten; eher selten kommt es zur Ausbildung einer engen Beziehung. „Adoptierte erleben ein Zusammentreffen mit den leiblichen Eltern oder Geschwistern in der Regel positiv, sind danach erleichtert und leiden weniger unter Identitätskonflikten“, berichtet Gisela Rust.

Immer häufiger werden Adoptionsvermittlungen auch als halboffene Adoption durchgeführt. Hierbei lernen sich die leiblichen Eltern und die Adoptiveltern ohne Namensnennung in der Vermittlungsstelle kennen. Oft bleibt dann ein Briefkontakt über die Adoptionsvermittlungsstelle zwischen leiblichen Eltern und Adoptiveltern bestehen.

Diese Form kann auch zu einer offenen Adoption führen, bei der alle Beteiligten in persönlichem Kontakt miteinander stehen. Der fünfjährige Mirko hat hierdurch zwei Elternpaare: „Mama“ Sabine und „Papa“ Klaus, bei denen er aufwächst, und Jana, „bei der er im Bauch war“, wie der Knirps erklärt, und Sebastian, „der auch sein Papa ist, aber den er nur von Fotos kennt“. Jana telefoniert regelmäßig mit Sabine und Klaus; so oft es geht, besucht sie Mirko, um ihn trotz der Adoption an ihrem Leben teilhaben zu lassen und einen festen Platz in seinem einzunehmen. Corinna Weinert

Weitere Informationen im Internet unter www.adoption.de


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