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07.11.09 / Schumacher rotiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-09 vom 07. November 2009

Schumacher rotiert
von Harald Fourier

In Hannover beunruhigen seit Montag merkwürdige Geräusche die Besucher des Friedhofs. Sie kommen vom Grab Kurt Schumachers, des ersten SPD-Vorsitzenden nach dem Krieg. Eingeweihte meinen, er drehe sich im Grab herum, seit er von dem „Spiegel“-Essay „Versöhnung ernstnehmen“ erfahren hat. Dort versucht Matthias Platzeck zu begründen, warum er mit der Linkspartei eine Koalition eingeht.

Platzeck beruft sich nämlich auf Schumacher. Ausgerechnet auf Schumacher, den aufrechten Sozialdemokraten, für den die Kommunisten „rotlackierte Faschisten“ waren!

Der brandenburgische Ministerpräsident erinnert in seinem zweiseitigen Aufsatz an ein Treffen Schumachers mit Vertretern früherer Waffen-SS-Soldaten. Dabei habe Schumacher den gut 400000 Veteranen zugesichert, er wolle ihnen den „Weg zu Lebensaussicht und Staatsbürgertum“ freimachen. Daraus machte Platzeck folgendes: So wie die Bundesrepublik einen Neuanfang mit früheren Mitläufern des NS-Regimes gemacht habe, so müsse nun auch das wiedervereinigte Deutschland  Spannungen abbauen und Barrieren beseitigen. Darum gehe er mit der Links­partei zusammen. Dies diene dem inneren Frieden unseres Landes.

Vielleicht weiß er nicht, dass der Westpreuße Schumacher selbst freiwilliger Kriegsteilnehmer im Ersten Weltkrieg war, wo er gleich zu Beginn schwer verwundet wurde. Er wurde dafür mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Schumacher wusste, was es bedeutet, Soldat zu sein. Er hat seinen rechten Arm im Gefecht verloren. Daher seine respektvolle Sicht auf Soldaten generell.

Tatsache ist allerdings auch – und das weiß Platzeck –, dass Schumacher ein überzeugter Antikommunist war, der sich eine Zusammen­arbeit mit Kommunisten so wenig vorstellen konnte wie mit Nationalsozialisten. Den Veteranen der Waffen-SS, von denen viele nie gefragt wurden, zu welcher Truppe sie wollten, hat er ohnehin nur zugesichert, was für die früheren DDR-Eliten stets eine Selbstverständlichkeit war: Lebensaussicht und Staatsbürgertum. Die Soldeten der Waffen-SS, soweit sie nicht gefallen waren, kamen spätestens am 8. Mai 1945 in Kriegsgefangenschaft, selbst wenn sie persönlich völlig unschuldig waren. Von den Handlangern des SED-Regimes dagegen wurde kaum einer zur Rechenschaft gezogen, auch wenn er tief verstrickt und belastet war.

Schumachers SPD hätte niemals eine Koalitionsregierung mit einer fiktiven NSDAP-Nachfolgepartei geschlossen, die frühere Gestapo-Leute an ihrer Spitze beheimatete. Wie kam also Platzeck zu seinem Vergleich? Kaum erträglich ist die rot-rote Annäherung für Demokraten sowieso. Doch dass jemand dafür nun ausgerechnet Kurt Schumacher zur Rechtfertigung missbraucht, ist abstoßend.


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