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07.11.09 / Milliarden für Kleinkinder / Weiter Streit ums Betreuungsgeld − Sorge um Unterschicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-09 vom 07. November 2009

Milliarden für Kleinkinder
Weiter Streit ums Betreuungsgeld − Sorge um Unterschicht

Zu den unausgegorenen Stellen im Koalitionsvertrag gehört die Passage über das Betreuungsgeld. Laut Vertrag „soll“ es ab 2013 denjenigen Eltern gezahlt werden, die ihre ein- bis dreijährigen Kinder weiterhin selbst erziehen. Allerdings könne es „gegebenenfalls als Gutschein“ gewährt werden. Kein Wunder, dass die drei Koalitionsparteien munter weiter streiten. Die von der CSU favorisierte Ausgleichszahlung wird selbst von Großstadt-Politikern der CDU attackiert. Eltern, die ihre Kleinkinder selbst aufziehen wollen, drohen dadurch zu Verlierern zu werden: Sie zahlen über ihre Steuern bald umfangreiche Betreuungsangebote, von denen sie nichts haben.

Damit genau das nicht passiert, kämpft die CSU nach wie vor für ein Betreuungsgeld. Eltern sollen monatlich 150 Euro erhalten, eine Idee, der laut Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid zwei Drittel der Deutschen zustimmen. Trotzdem tut sich schon die CDU schwer damit. Dabei geht es im Vordergrund nicht um die Kosten von jährlich 1,6 Milliarden Euro. Auch die Junge Union Berlin spricht sich gegen das Betreuungsgeld aus und stimmt in der Sache in die harsche Kritik aus den Reihen der Berliner SPD ein. Der SPD-Bürgermeister des Bezirks Neukölln, Heinz Buschkowsky, bekannt für direkte Worte zu sozialen wie politischen Missständen seines Stadtteils, hatte dem Konzept vorgeworfen, es konserviere die Unterschicht: „In der deutschen Unterschicht wird es versoffen und in der migrantischen Unterschicht kommt die Oma aus der Heimat zum Erziehen, wenn überhaupt.“

Die Junge Union sagt, ein solcher schädlicher Effekt für Großstädte sei zu erwarten und darum dürften nur Gutscheine ausgegeben werden, kein Geld. Auch aus der im Bund als Koalitionspartner an der Umsetzung beteiligten FDP kommt Kritik, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle etwa lehnt das Betreuungsgeld offen ab.

Die CSU verteidigt dagegen  ihre Pläne: „Mir ist es wichtig, dass jede Familie ihr eigenes Familienmodell leben kann“, so CSU-Vize-Generalsekretärin Dorothee Bär. Schon die CDU ist da weniger eindeutig. Sie hatte noch mit der SPD das „Kinderförderungsgesetz“ auf den Weg gebracht, nach dem bis 2013 jedem dritten Kind unter drei Jahren ein Betreuungsplatz geboten werden soll. 750000 Plätze sollen konkret geschaffen werden – gerade ein Drittel davon in der „familiennahen Betreuungsform“ mit einer Tagesmutter. Ab August 2013 besteht gar ein Rechtsanspruch für alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr. Experten kritisieren daran das frühe Aufbrechen der Mutter-Kind-Bindung und den weitreichenden staatlichen Erziehungsanspruch. Die Kosten bezifferte der Deutsche Städtetag schon im Frühjahr 2007 auf sechs Milliarden Euro jährlich.

Wenn das Betreuungsgeld nun wegen anhaltender Unstimmigkeiten doch nicht zeitgleich mit dem Kinderförderungsgesetz eingeführt wird, bedeutet das nicht nur einen Prestigeverlust für die CSU. Sollte das Konzept ganz wegfallen, droht der Gleichberechtigung aller Erziehungsmodelle das Aus.    Sverre Gutschmidt


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