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07.11.09 / Der blau-gelbe Lack blättert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-09 vom 07. November 2009

Der blau-gelbe Lack blättert
von Konrad Badenheuer

Viel schneller als erwartet ist bei der FDP, der Wahlsiegerin des 27. September, der Lack abgeblättert. Guido Westerwelle, der Triumphator des Wahlabends, verstolpert Auftritte vor der Bundespressekonferenz, in Warschau und in Brüssel. Noch selten musste ein neuer Bundesaußenminister in dieser Form Rechenschaft über seine Englisch-Kenntnisse ablegen. Ein Vizekanzler mit Autorität hat so etwas nicht nötig. Dazu das peinliche Schlittern zwischen Warschau und Paris: Mit einer Spitze gegen die deutschen Vertriebenen wollte er sich in Polen beliebt machen. Jetzt rümpfen viele Deutsche die Nase und Paris noch dazu, weil Westerwelle Polen als erstes besuchte.

Ein gelungener Auftakt sieht anders aus, zumal die Kanzlerin in einer Welt der Gipfeldiplomatie dem Außenminister jederzeit die Schau stehlen kann − Frank-Walter Steinmeier kann ein Lied davon singen.

Auch andere Spitzenleute der FDP sehen unvorteilhaft aus: Hermann Otto Solms, der Finanzminister werden sollte, steht als Gauner da, der gegen alle Grundsätze der FDP mit einem gigantischen Schattenhaushalt Milliarden aus dem Ärmel schütteln wollte. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle fordert weiter Steuersenkungen auf Pump − mit dem absurden Argument, man dürfe nicht „wie Brüning“ gegen die Krise ansparen. Jeder weiß doch, dass wir von einer Brüningschen Politik des Haushaltsausgleichs mitten in der Krise Lichtjahre entfernt sind. Es geht nur um die Alternative zwischen hohen und ruinösen Schulden.

Besonders schwer dürfte es Entwicklungsminister Dirk Niebel mit der Profilierung haben: Er führt ein Ministerium, dessen Abschaffung er bis kurz vor seiner Ernennung gefordert hatte. Na denn viel Erfolg bei der Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Hauses!

Einzig Philipp Rösler scheint eine echte Chance zu haben, in seinem Amt zu glänzen, auch wenn ihm als Bundesgesundheitsminister eine Herkulesaufgabe bevorsteht. Die Lobbies, gegen die er sich durchsetzen muss, sind schier übermächtig. Eine winzige, für das Publikum kaum sichtbare Positionsveränderung von Merkels CDU würde jederzeit genügen, um dem 36-jährigen Senkrechtstarter karrieregefährdende Miss-erfolge zu bescheren.

Schlecht für unser Land, einverstanden, aber gut für eine Bundeskanzlerin, die ihrem früheren Lehrmeister Helmut Kohl in Sachen Machterhalt und Machterweiterung über den Kopf gewachsen zu sein scheint.

Die Suppe, die eine scheinbar konziliante Merkel der FDP nun mit raffinierten Weichenstellungen in der Sach- und Personalpolitik  eingebrockt hat, hat es in sich. Sie dürfte bei den Liberalen in relativ kurzer Zeit zu erheblichen Magenkrämpfen, wenn nicht zu ausgemachtem Brechdurchfall führen.

Das Ganze erinnert fatal an die Politik der „süßen Giftpillen“, mit der Merkel in den letzten Jahren von Rot-Grün Gerhard Schröder das Leben sauer gemacht hat: Zugeständnisse im Vermittlungsausschuss, die die SPD zunächst als Verhandlungserfolge gefeiert hat und die sich dann nach kurzer Zeit als Bumerang erwiesen haben

Rein machtpolitisch gesehen agiert Angela Merkel fast schon genial. Bleibt die große Frage, was sie mit dieser Macht für Deutschland bewegen kann und will.

Foto: Nach ihrem strahlenden Wahlsieg hat die FDP einen miserablen Start als Regierungspartei hingelegt: Wenn nun der blau-gelbe Lack unerwartet schnell abblättert, dann hat die CDU-Vorsitzende einiges dazu beigetragen.


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