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21.11.09 / Offene Worte an die Nation / Botschaft des russischen Präsidenten Medwedew − tiefgreifende Modernisierung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-09 vom 21. November 2008

Offene Worte an die Nation
Botschaft des russischen Präsidenten Medwedew − tiefgreifende Modernisierung

Immer wieder schwenkten die Fernsehkameras zu Wladimir Putin, der mit versteinerter Miene in der ersten Reihe des vollbesetzten Kremlsaals saß, als Präsident Dmitrij Medwedew seine Botschaft zur Lage der Nation verlas. Der Präsident sprach kritische Worte; besonders sein vernichtendes Urteil über die Politik seit dem Ende der Sowjetunion dürfte seinem Amtsvorgänger Putin und den ihn umgebenden Politikern nicht gefallen haben. Medwedew nannte die wirtschaftliche Rückständigkeit, die tief verwurzelte Korruption, die Obrigkeitsgläubigkeit des Volkes und das Bestreben, alles Übel dem Ausland anzuhängen als Hinderungsgründe für eine positive Entwicklung des Landes. Das Verharren in der Rohstoffabhängigkeit sei wie eine Droge, an die man sich gewöhnt habe.

Doch damit soll nun Schluss sein. Medwedew forderte eine pragmatische Politik und erteilte Nostalgie und auf Vorurteilen beruhenden Aktivitäten eine Absage. Im vergangenen Jahrhundert konnte die Sowjetunion zwar Erfolge im Weltraum, in der Raketen- und Atomtechnik verzeichnen, doch unter diese Vergangenheit will Medwedew nun einen Schlussstrich ziehen. Es gelte, Russlands Platz in Europa neu zu definieren. Ihm schwebt eine allumfassende Modernisierung vor, basierend auf den Werten der Demokratie. Der zentrale Punkt der Präsidentenrede gilt der Auflösung der Staatskonzerne, weil sie insgesamt perspektivlos seien. Ziel sei es, Russland für ausländische Investoren und Fachleute wieder interessant zu machen. Rentable Konzerne sollen in Aktiengesellschaften umgewandelt, unrentable aufgelöst werden. Neben diesem Punkt − die Zentralisierung der Schlüsselindustrien war ein Kernziel Putins − nimmt Medwedew die Entmachtung der Regionalparlamente zurück. Kleinen Parteien soll der Zugang zur Duma erleichtert werden, die bisherige Sieben-Prozent-Hürde wurde wieder auf fünf gesenkt. Medwedew setzt auf Investitionen in Industrie, Infrastruktur und Technik, was zum Großteil staatliche Ausgaben und auch Subventionen voraussetzt. Selbst der entlegenste Ort in Sibirien soll schnelle Internetzugänge bekommen.

Westliche Medien sehen in der Rede ein Indiz, dass Medwedew sich von den Fesseln seines Mentors Putin löst und für eine eigene Politik eintritt. Viele Russen halten seine Thesen zur Wirtschaft indes für widersprüchlich. Offen blieb, welche der sieben Staatskonzerne die Umstrukturierungspläne treffen sollen. Experten unken, erst wenn es Medwedew gelänge, die Einfuhrzölle für Autos zu senken und den Protektionismus für marode Betriebe wie beispielsweise „Avtovaz“ zu beenden, würde er tatsächlich die Macht ausüben. Manuela Rosenthal-Kappi


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