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21.11.09 / Gequälte Liebesbeteuerungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-09 vom 21. November 2008

Gequälte Liebesbeteuerungen
von Hans Heckel

Die offensive Deutschfreundlichkeit des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy überrascht ein wenig. Gestartet war der Mann im Elysée gänzlich anders: Schon Jahre vor seinem Amtsantritt ging er auf Distanz zum deutsch-französischen „Sonderverhältnis“: Die Beziehungen zu Berlin seien ihm nicht wichtiger als jene zu London oder Washington, gab der Rivale des damaligen Staatschefs Jacques Chi-rac zu Protokoll. Nun will er die Achse gar mit einem gemeinsamen Minister, der beide Staatsbürgerschaften besitzen soll, krönen und festschreiben – eine fürwahr extreme Wandlung.

Indes wohnt in dieser Wende schon fast eine gewisse Regelmäßigkeit, die direkt auf Sarkozys Vorgänger François Mitterrand und Chirac deutet. Beide waren zunächst bemüht, französische Großmachtpolitik ohne oder gar gegen Deutschland umzusetzen. Von der Herzlichkeit, die Helmut Schmidt mit Valérie Giscard d’Estaing verband, war zwischen Mitterrand und Kohl lange eher wenig zu spüren, trotz großer Gesten wie dem Händedruck über den Gräbern von Verdun 1984. 1989 setzte der französische Präsident alle Hebel gegen die sich anbahnende deutsche Einheit in Bewegung. Doch am Ende stimmte er zu (für den Euro als Gegenleistung) und fand vor seinem Tode herzliche Worte der Anerkennung für die Wehrmachtssoldaten, denen er als Kriegsteilnehmer in deutscher Gefangenschaft begegnet war. So klingt der Übergang von der Versöhnung zur Freundschaft.

Jacques Chirac signalisierte mit seinen weltweit kritisierten Atomversuchen im Pazifik 1995 ebenfalls das Streben nach unabhängiger Größe. In seiner zweiten Amtszeit aber wich er dem deutschen Partner nicht mehr von der Seite, ließ seinen Premier Dominique de Villepin gar den Plan einer staatlichen Vereinigung Frankreichs mit Deutschland öffentlich skizzieren.

Nun Sarkozy: Anscheinend haben alle Versuche, die französische Weltgeltung mit Hilfe engerer Kontakte zu den USA oder Großbritannien auszubauen, nicht gefruchtet. So ist er wie seine Vorgänger schließlich wieder bei den Deutschen gelandet. Anscheinend wohnt dem Zweierbündnis eine Unausweichlichkeit inne, die wir beruhigt als dessen stärksten Pfeiler begrüßen dürfen.

Doch Berlin sollte sich nicht überrumpeln lassen: Als unangefochtener primus inter pares der EU muss Deutschland darauf achten, eines jeden EU-Staates natürlicher Ansprechpartner zu sein und zu bleiben. Hebt es das Bündnis mit einem einzigen Land, noch dazu dem zweitstärksten, über Gebühr hervor, setzt es alle anderen zurück. Die suchen sich ihren Fürsprecher dann anderswo. Andererseits gilt es, Frankreich nicht zu brüskieren durch eine kalte Schulter. Angela Merkel muss jetzt viel Fingerspitzengefühl beweisen.

Foto: Ungeliebte Notlösung: Nachdem die Charmeoffensive des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy Richtung Washington und London nicht fruchtete, wendet er sich nun notgedrungen, dafür aber doppelt so inbrünstig, wieder den Deutschen zu.


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