23.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
21.11.09 / Westbindung gegen wirtschaftliche Vorteile / Vor 60 Jahren unterzeichneten Adenauer und die Alliierten Hohen Kommissare das Petersberger Abkommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-09 vom 21. November 2008

Westbindung gegen wirtschaftliche Vorteile
Vor 60 Jahren unterzeichneten Adenauer und die Alliierten Hohen Kommissare das Petersberger Abkommen

Vor 60 Jahren hatten der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer und die Vereinigten Staaten von Amerika ein wichtiges gemeinsames Ziel. Beide wollten die Westbindung der Bundesrepublik einschließlich Teilnahme an der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC), Europarat und Marshallplan.

Und wie Adenauer hatten auch die USA ein Interesse daran, dass der amtierende Bundeskanzler im Amt blieb. Mit der Alternative, Oppositionsführer Kurt Schumacher, war die geplante Westbindung nämlich kaum zu erreichen. Der sozialdemokratische, patriotische Westpreuße wollte ein sozialistisches, unabhängiges, geeintes Deutschland. Die Bindung an den „kapitalistischen Westen“ lehnte er ab, weil sie – zumindest in seinen Augen – zum einen analog zur Ostbindung der DDR die Vereinigung der beiden deutschen Staaten erschwerte und zum anderen der Bundesrepublik ihre (vermeintliche) Wahlfreiheit zwischen Sozialismus und Kapitalismus nahm.

Adenauer wusste, dass seine Politik der Westbindung in der Bundesrepublik nur politisch mehrheitsfähig und damit durchsetzbar war, wenn sie mit einer Verbesserung der Lebenssituation seiner Mitbürger einherging. Schon aus diesem Grunde musste er sich für eine Lockerung des Besatzungsregimes mit seinen Demontagen und Beschränkungen etwa der Werftindustrie einsetzen. In den USA sah man durchaus ein, dass man den Bundesbürgern materielle Anreize bieten musste, wollte man sie als Verbündete in der bipolaren Ordnung mit der Sowjetunion gewinnen.

Abgesehen davon, dass es fünf Jahre nach dem Völkerringen in den USA durchaus noch Ressentiments gegen Deutsche gab, wollten die US-Amerikaner es allerdings verhindern, in dieser Frage von der Bundesregierung gegen ihre Verbündeten und Mitbesatzungsmächte Großbritannien und Frankreich ausgespielt zu werden. Entsprechend reserviert war ihr Entgegenkommen gegenüber der Bundesregierung.

Im Prinzip stellten sich vor 60 Jahren die drei Westmächte zu der in Aussicht stehenden Stärkung der Bundesrepublik genauso wie 40 Jahre später. Die europäischen Mächte Großbritannien und Frankreich reagierten mit Angst. 1949 wurde die Fortsetzung der wirtschaftlich-industriellen Knebelung der Bundesrepublik von Frankreich aus sicherheitspolitischen Gründen gewünscht, damit Deutsche in Feldgrau „nicht ein viertes Mal in hundert Jahren“ auf französischem Boden stünden, und von den Briten aus wirtschaftspolitischen, um die deutsche Konkurrenz auf den Weltmärkten nicht zu groß werden zu lassen. Die USA hingegen reagierten 1949 wie 1989 mit der Souveränität einer Supermacht. Ihnen schien die Bundesrepublik weder sicherheitspolitisch noch wirtschaftspolitisch gefährlich werden zu können. In den USA wusste man 1949 wie 1989, dass eine Stärkung der Bundesrepublik die Stärkung des von ihnen selbst geführten westlichen Lagers bedeutete, sofern denn die Westbindung der Bundesrepublik sichergestellt wäre.

Ein Pfand war den US-Amerikanern dabei das wenige Wochen vor der Verkündung des Grundgesetzes beschlossene Ruhrstatut, das der Bundesrepublik die (alleinige) Verfügungsgewalt über das wirtschaftliche Herz Deutschlands, wenn nicht gar Europas, das Ruhrgebiet, vorenthielt. Gemäß diesem von den Westalliierten und den Beneluxstaaten beschlossenen Statut sollte eine von den Unterzeichnerstaaten und Deutschland beschickte Ruhrbehörde das Aufsichtsrecht über die westdeutsche Schwerindustrie ausüben. Von der Bundesregierung erwarteten die Besatzungsmächte nun, dass sie wie die Signatarstaaten Vertreter in die Behörde entsandte und sie damit anerkannte. Für Schumacher war das genauso wie die gemeinsame Mitgliedschaft mit dem Saarland im Europarat Verrat – und Adenauer ein „Bundeskanzler der Alliierten“, denn dieser setzte die Mitarbeit in der Ruhrbehörde wie den Beitritt zum Europarat durch. Im Gegensatz zu den Franzosen und Briten, aber ähnlich wie die US-Amerikaner verband der Kanzler mit der Ruhrbehörde die Hoffnung, dass von diesem Instrument der einseitigen Diskriminierung der Bundesrepublik eine (west)europäische Integration gleichberechtigter Staaten ausgehen könne. Erleichtert wurde der Bundesregierung die Entscheidung zur Mitarbeit in der Ruhrbehörde durch diverse, insbesondere wirtschaftliche und damit für den Volkswohlstand bedeutende Erleichterungen des Besatzungsregimes: Die Demontagen wurden eingeschränkt, die Beschränkungen im Schiffbau gelockert und die Errichtung von Konsulaten in den westlichen Ländern genehmigt.

Festgezurrt und verbindlich gemacht wurden diese ersten Schritte der Bundesrepublik Richtung Westbindung und die Gegenleistungen der Besatzer durch das Petersberger Abkommen. Vor 60 Jahren, am 22. November 1949, unterzeichneten der deutsche Bundeskanzler auf der einen Seite sowie die drei Alliierten Hohen Kommissare Sir Brian Hubert Robertson, André Francois-Poncet und John Jay MacCloy auf der anderen diese erste frei ausgehandelte Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik und ihren Besatzungsmächten auf dem Petersberg, dem Sitz der Alliierten Hohen Kommission.      Manuel Ruoff


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren